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Scorpions: Wind of change
Bild: Pixabay / David le Nuff

Scorpions: Wind of change

Hermann Trusheim
Ein Beitrag von Hermann Trusheim, Evangelischer Schulpfarrer, Hanau
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Songtext: Scorpions – Wind of change 

Kaum hat Scorpions-Sänger Klaus Meine die ersten Takte gepfiffen, ist die Erinnerung da. Anfang der 90ger Jahre. Ich bin Ende Zwanzig und die Welt verändert sich. Es weht ein neuer Wind. Glasnost und Perestroika  - Offenheit und Umgestaltung - sind die Begriffe, mit denen Michail Gorbatschow einer ganzen Generation Hoffnung macht. Meiner Generation.

Wird der Traum vom Frieden jetzt wahr?

Fasziniert blicke ich nach Osten. Da geht die Sonne auf. Alles wird besser werden. Die Welt rückt zusammen, wer hätte das gedacht? Keine Kriege mehr.  Frieden schaffen ohne Waffen‘ klebt schon so lange auf meinem Gitarrenkoffer. Wird dieser Traum jetzt wahr? Alle Menschen werden Brüder?

Was Klaus Meine zu dem Lied „Wind of change“ inspiriert

Aufbruchsstimmung allenthalben. Klaus Meine, Bandleader der Scorpions,  spaziert nach einem Konzert der Scorpions in Moskau am Ufer der Moskwa entlang. Er bekommt mit, dass sogar Soldaten von politischen Veränderungen träumen. Das inspiriert ihn zu dem Lied ‚Wind of change‘. Der Wind der Veränderung weht. Die grenzen öffnen sich – friedlich. Ich wohne in dieser Zeit in Göttingen und lerne viele Menschen aus der ehemaligen DDR kennen, genauso friedens- und hoffnungsbewegt wie ich. 

„Jetzt wird alles gut“

Es sind magische Momente, die wir teilen. Wir feiern. Nicht nur die  Mauern aus Stein sollen fallen. Keine Trennung mehr zwischen Menschen. Oft ging der Anstoß dazu auch von den Kirchen aus. Jetzt wird Alles gut. Das war mein Lebensgefühl in dieser Zeit.

„Wind of change“ - eine gescheiterte Hymne der Freiheit?

Etwas über dreißig Jahre später frage ich mich: ‚Warst Du naiv?‘ ein realitätsfremder Träumer? Ist ‚wind of change‘ die gescheiterte Hymne der Freiheit? Vielleicht habe ich die Augen verschlossen vor den Entwicklungen der vergangenen Jahre?  Mich zu sehr an die Hoffnung geklammert, dass doch noch alles gut, oder wenigstens nicht so schlimm werden würde?

Es war ja auch bequem. Ich habe profitiert – billige Energien aus Russland. Wandel durch Handel, das klang ja gut. Aber war es ein Handel unter gleichberechtigten Partnern? Ging es dem Westen nicht auf Kosten des Ostens immer besser?

Der alte Wind wehte wieder neu

Und dann drehte sich der Wind. Ich habe es nicht wahrgenommen, ich wollte es auch nicht sehen. Statt Demokratie zu stärken, wurden Autokraten hofiert, sogar wenn sie mit Gewalt Politik machten. Nationalistische Gedanken machten sich breit. Das war der neue alte Wind. Und ich dachte immer noch, das macht doch heute keiner mehr: Krieg. 

Vielleicht ging’s den Scorpions ähnlich. Mit ‚Wind of Change‘ wurden sie zu ‚Global Playern‘ – sie spielten überall auf der Welt das Lied vom Wind der Veränderung zum Guten: Moskau, New York, Peking und auf dem Hessentag.

2022 änderte Klaus Meine den Text

Aber dann ging’s nicht mehr. 2022 änderte Klaus Meine den Text. Die ersten Zeilen heißen jetzt: ‚Listen to my heart. It says Ukrainia: Waiting for the wind of change.‘ – Hör auf mein Herz: Es sagt: Die Ukraine wartet auf den Wind der Veränderung.‘
Was machen die neuen Zeilen mit dem Lied?

Ich finde, ich muss ‚wind of change‘ nicht in die Mülltonne der Song-Geschichte werfen. 

Das Lied neu hören

Ich will das Lied neu hören. Das Hebräische Wort für Wind ist auch das Wort für Geist: ‚Ruach‘.  - Ruach steht auch für den Geist Gottes. Gottes Geist im Unterschied zu den bösen Geistern, die es auch gibt. 

Pfingsten - Veränderung durch Gottes Geist

Mit der Geschichte von Pfingsten erzählt die Bibel mit magischen Bildern, wie Gottes Geist die Menschen erfasst: wie feurige Zungen erscheint der Heilige Geist auf den Köpfen der FreundInnen Jesu. Dann wird erzählt, was  der Heilige Geist bewirkt: Menschen  verstehen einander, obwohl es vorher mehr als nur Sprachbarrieren gab. Der Geist Gottes führt Menschen zusammen. Sie bilden eine neue Gemeinschaft über alle Grenzen hinweg. Das ist dann wahrhaftig ein ‚Glory Land‘ – ein Land der Verheißung.

Welche Haltung zum Frieden führt

Pfingsten ist der magic Moment des Glaubens. Der Geist Gottes kann helfen, die Geister zu unterscheiden – kann mir zeigen, welche Haltung zum Frieden hilft. Wie Verständigung möglich ist. Indem wir liebevoll und mit Respekt miteinander umgehen, die würde eines jeden Menschn achten. So leben Menschen im Geist Gottes.

Gottes Geist bringt frischen Wind

Und so klingt für mich ‚wind of change‘ immer noch gut. In der Bridge  - dem Mittelteil des Liedes - bringt das für mich der Stakkato-Rhythmus zum Ausdruck –  Der Geist Gottes weht mir auch mal ins Gesicht, wie ein frischer Wind -  vielleicht, um mich wachzurütteln aus zu großer Naivität. Und er schlägt die Freiheitsglocke an. Das kann eine Balalaika singen und eine Gitarre sagen.

Schüler*innen schreiben dem Patriarchen Kyrill

Und die magischen Momente? Für mich war es ein magischer Moment, als meine SchülerInnen den Vorschlag machten, dem Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche Kyrill, der sich auf die Seite Putins geschlagen hat, einen Brief zu schreiben. Das haben meine SchülerInnen gemacht. Sie haben Kyrill in deutlichen Worten geschrieben,  dass er nicht Gottes Geist für sich beanspruchen darf. Dass er mit seinen kriegsunterstützenden Äußerungen in die Irre gegangen ist, dass er so gegen Gottes Geist verstößt. 

Friedensgebete 

Ein magischer Moment: wir haben mit Menschen aus ganz Europa, aus der Ukraine und aus Russland für den Frieden gebetet. Das war für mich auch eine Vorbereitung auf die Zeit nach dem Krieg.

Der Geist Gottes weht auch heute

Ich glaube, auch diesen magische Moment gibt es – auch heute sind Menschen am Ufer der Moskwa, die sic h nach Versöhnung und Frieden sehnen. Nach dem Wind of Change – nach einem Geist, der Frieden schafft und gutes Leben für alle.
 

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