Die Waldkirche und der Klimastreik
Auf der Wanderung in diesem Sommer kamen wir an sehr vielen Kirchen und Kapellchen vorbei. Die für mich schönste Kirche dieses Sommers war gleichzeitig die schlichteste: die Waldkirche St. Josef in Lichtenstern in Südtirol. Sie steht am Waldrand auf dem Gelände einer Familienbildungsstätte, und drumherum tobten und spielten eine Menge Kinder.
Von außen wirkte die kleine Kirche unspektakulär, ja fast traditionell – und drinnen eröffnete sich: ein Raum. So habe ich das wahrgenommen, da war Platz …. auch für mich. Wohltuend schlicht und schnörkellos, und irgendwie heiter.
Der Altar – ein Fenster mit lebendigem Blick ins Grüne
Und das schönste war das „Altarbild“, das nämlich gar kein Bild war, sondern ein großes Fenster. Ein herrlicher Blick ins Grüne, auf eine Bergwiese und große Lärchen, davor ein paar Büsche hinter einem Zaun, Grün in vielen Schattierungen, blauer Himmel dazu. So schön lässt sich ein Bild gar nicht malen! Und ab und zu wanderte oder radelte jemand auf dem benachbarten Weg vorbei, und auch das war seitlich, sozusagen am Bildrand, noch zu sehen. Kurz zuvor waren wir dort gelaufen, waren also auch, ohne es zu ahnen, ein paar Augenblicke Teil dieses Bildes gewesen.
Der Halt in der Waldkirche hat mir Kraft gegeben
Und dann steht da noch mittig ein Kreuz draußen vor dem Fenster, so schlicht wie die Kirche, aus Metall, auch ohne Schnörkel. Dieses Kreuz kam mir vor wie ein Notenschlüssel, wie eine Lesehilfe: Was du da draußen siehst, das hat mit Gott zu tun, so wie das, was drinnen in der Kirche passiert, mit Gott zu tun hat: das Beten und Innehalten, das Singen und Meditieren und der Gottesdienst. Und all das, was in dieser Kirche geschieht, ist natürlich verbunden mit der Welt draußen vor dem Fenster! Zweierlei ging mir in dieser Kirche durch Herz und Kopf: Das Lob der Schöpfung und der wunderbare Satz des heiligen Irenäus von Lyon aus dem zweiten Jahrhundert: „Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch.“ Der Halt in der Waldkirche hat mir Kraft gegeben.
Gott, die Schöpfung und wir Menschen hängen eng zusammen
Gott, Schöpfung und Mensch hängen so eng zusammen. – Daran muss ich auch heute besonders denken, am 24. September. Viele tausend jungen Menschen werden heute wieder für die Schöpfung auf die Straße gehen, beim Klimastreik der Fridays for future- Bewegung. Viele ältere werden sich anschließen.
Kirchen rufen dazu auf, die Wahl zur Klimawahl zu machen
Der Zeitpunkt ist geschickt gewählt: zwei Tage vor der Wahl, die ja auch darüber entscheidet, was wir hierzulande tun werden, um den Klimawandel zu begrenzen. Viele kirchliche Organisationen haben in den letzten Monaten dazu aufgerufen, die Wahl zur Klimawahl zu machen, dieses Thema also beim Wählen mitzubedenken. „Klimastreik“ heißen die Demonstrationen, weil Schülerinnen und Schüler statt zur Schule auf die Straße gegangen sind, um ihre Ängste, Bedenken und Forderungen laut zu artikulieren.
Der Klimastreik zwingt zum Anhalten und Nachdenken
Klimastreik ist aber auch ein gutes Wort, weil Streik immer zum Anhalten zwingt – wie der Bahnstreik, der mich in den letzten Wochen ein paarmal ausgebremst hat. Anhalten und ausbremsen. Da geht es nicht um die Autos, die heute durch die Demonstrationszüge behindert werden.
Anhalten kann überlebensnotwendig sein
Das Anliegen ist viel grundsätzlicher: Das „Immer-so-weiter“ soll ausgebremst werden. „Stopp, haltet an und denkt nach!“ sagen die Jugendlichen, „Das ist die falsche Richtung, so zerstören wir unsere Erde!“ Anhalten tut nicht nur Leib und Seele gut, wie in der Waldkirche. Anhalten kann auch überlebensnotwendig sein.