Zuversicht streuen
"Ist das ein Aprilscherz?" Meine Freundin hat mir ein Glas mitgebracht mit der Aufschrift: "Zuversichtsstreuer". Es sieht aus wie ein leerer Salzstreuer mit Deckel.
In der Küche habe ich so was für Salz und Pfeffer. Aber aus diesem Teil soll nicht Würze für die Küche herauskommen, sondern Würze für das Leben. "Nein, ich will dich nicht veräppeln", sagt sie.
Einfach über den Kopf streuen
"Die Idee habe ich in einem Ratgeber entdeckt. Unter der Überschrift 'Raus aus der Frühlingsdepression' stand der Tipp: 'Kaufen Sie sich einen großen Salzstreuer. Auf den kleben Sie ein selbstgemaltes Schild mit der Aufschrift Zuversicht. Wann immer Sie niedergeschlagen sind oder im Selbstzweifel feststecken, streuen Sie sich etwas Zuversicht auf den Kopf.'"
"Ob du es glaubst oder nicht. Es wirkt. Ich habe es ausprobiert! Meine Schwester hat den Salzstreuer gesehen und gesagt: 'Da ist doch gar nichts drin!' 'Doch', habe ich gesagt. 'Da ist ganz viel Zuversicht und Gottvertrauen drin. Du hast den Deckel nur nicht aufgemacht!'"
Wir Menschen sind Sinnes-Wesen
Wir haben an dem Nachmittag viel miteinander gelacht und überlegt: Warum funktioniert das? Vielleicht hat es damit zu tun, dass wir Menschen Sinnes-Wesen sind.
Über unsere Sinne und über unser Tun nehmen wir viel mehr auf als über unser Denken. Und manchmal müssen wir mit dem Körper etwas tun, um uns an das zu erinnern, was unser Kopf schon längst weiß, aber immer wieder vergisst. Zum Beispiel: Es ist alles da, du musst nur den Deckel aufmachen.
Zuversicht hat in der Bibel einen Namen. In den Psalmen heißt es: "Gott ist unsere Zuversicht und Stärke" (Psalm 46,2). Oder an anderer Stelle: "Gott ist meine Zuversicht, hofft auf ihn, schüttet euer Herz vor ihm aus" (Psalm 61,8).
Eine andere Sicht auf die Situation
In dem Begriff Zuversicht steckt das Wort "Sicht". Zuversicht verschafft mir eine andere Sicht. Gibt eine neue Perspektive. Und wenn es nur die ist: Es kommen auch wieder andere Zeiten! Geh einen Schritt zur Seite. Nimm nicht alles zu ernst. Schau dich an mit einem humorvollen Blick.
Natürlich gibt es Situationen, die sind alles andere als spaßig. Gerade jetzt, wo wir nicht wissen, wie es weiter geht. Wo viele verunsichert sind und Angst haben. Wo ich nur darauf vertrauen kann, dass Zuversicht anderswo herkommt.
Speichern, mitnehmen und ausstreuen
Wenn ich den Deckel aufmache, kann ich auch etwas einfüllen. Meine Zuversicht aufladen. Zum Beispiel mit den Bildern von Balkonkonzerten in Italien aus den Nachrichten. Wo Nachbarn und Nachbarinnen sich von Fenster zu Fenster zusingen. Wo sie Bettlaken raushängen mit der Aufschrift: „andratuttobene - alles wird gut“.
Deckel auf - und speichern. Ein liebes Wort, das Lachen eines Kindes, ein nettes Kompliment. Den Aprilscherz, auf den ich selber reingefallen bin… Speichern, mitnehmen und ausstreuen – für mich selber und für andere.