Ein Kind ist tot
Ich hab sofort meinen Neffen und meine Nichte vor Augen. Und vermutlich hat fast jeder ein Kind aus der Familie, aus dem Freundeskreis im Kopf, als er diese furchtbare Meldung liest: „Kind am Frankfurter Hauptbahnhof vor den Zug gestoßen“. Wie schrecklich muss das für die Angehörigen sein, für die Eltern, Geschwister, Freunde. Wie brutal, wenn ein achtjähriges Kind so aus dem Leben gerissen wird. Natürlich frag ich mich auch: Was geht in einem Menschen vor, der ein Kind vor den Zug stößt? Aber vor allem denk ich jetzt an das Leid, das die Familie und die Freunde durchmachen. Und die Menschen, die unfreiwillig Zeugen dieser Tat wurden und zutiefst schockiert sind.
Ich hab selbst keine Kinder, aber ich fühle schon bei den Neffen, der Nichte, den Patenkinder immer wieder diese Sorge: Geht es ihnen gut? Sind sie gut nachhause gekommen? Hoffentlich passiert ihnen nichts! Und ich ahne: Es gibt wohl kaum etwas Schlimmeres, als wenn dem Kind etwas zustößt. Deshalb denke ich jetzt besonders an alle, die um diesen achtjährigen Jungen weinen. Die wahrscheinlich schreien und klagen und verzweifelt sind. Und ich denke an alle, die um ein Kind trauern.
Ich bete auch für sie. Ich bete dafür, dass sie Menschen an ihrer Seite haben, die sie in den Arm nehmen, die einfach da sind und da bleiben. Ich bete dafür, dass sie Liebe erfahren, wo so viel Schmerz in ihnen ist und vielleicht auch Wut. Ich bete dafür, dass sie auch Gott an ihrer Seite spüren. Ich glaube an einen Gott, der mit den Menschen mitgeht, durch tiefste Täler und dunkelste Zeiten hindurch. Er ist da, wenn das Schlimmste passiert. Wenn ein Kind tot ist. Wenn ich einen Menschen verzweifelt vermisse. Die Bibel sagt es in dem Psalm über den guten Hirten so: „Du bist bei mir, dein Stock und dein Stab, sie trösten mich.“ (Psalm 23,4)