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Ansteckende Lesefreude…
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Ansteckende Lesefreude…

Christoph Schäfer
Ein Beitrag von Christoph Schäfer, Katholischer Religionslehrer, Rüsselsheim

In dieser Woche habe ich oft an Kardinal Lehmann gedacht. Und mir wurde dann bei aller Trauer richtig warm ums Herz. Für mich war er eine religiöse Orientierungshilfe. Vor allem auch, weil er das Gefühl vermittelt hat: Auch als gläubiger Mensch darf ich nicht nur den kritischen Verstand einschalten. Ich sollte das sogar tun – dazu hat er immer wieder eingeladen.

Ich bin überzeugt: Diese Offenheit hängt mit einer Begeisterung zusammen, die den Kardinal immer umgetrieben hat - die Begeisterung für das Lesen. Ich hab eine Zeit lang bei der Stiftung Lesen gearbeitet, und in der Zeit hatte ich beeindruckende Begegnungen mit ihm. Ich kann mich noch an den positiven Adrenalinstoß erinnern, den ich gespürt habe, wenn aus dem Bischofshaus eine Zusage für eine Vorlese-Aktion kam. Denn ich wusste dann: Mit Kardinal Lehmann ist eine Persönlichkeit mit dabei, die wirklich authentisch für das Lesen motiviert. Der Kardinal hatte ja nicht nur eine legendäre Bibliothek. Er ließ auch seine vielen Schätze nicht im Regal verstauben und konnte fesselnd von Lese-Erlebnissen berichten. Sein Lob für die Gedichte von Hilde Domin etwa klingt mir noch im Ohr. Sein Interessensgebiet war enorm. Der Leser Kardinal Lehmann hat sich wirklich im wahrsten und ganz weiten Sinn des Wortes für „Gott und die Welt“ interessiert.

Besonders gerne erinnere ich mich an eine Advents-Leseaktion: Kardinal Lehmann hat nicht nur eine engagierte Rede über das Lesen gehalten – alle konnten später in der Pause live mitbekommen, dass er keine Lippenbekenntnisse abgegeben hatte. Denn er stöberte so leidenschaftlich in einer Bücherkiste neben dem Buffet, dass er einen Moment lang alles um sich herum vergessen hatte. Das Leseglück, von dem er vorher gesprochen hatte: Jetzt war es mit Händen zu greifen. Wir Zuschauer schmunzelten – und waren fasziniert.

Wenn ich jetzt diese Erinnerung an Kardinal Lehmann wieder vor Augen habe, dann spüre ich selbst wieder Lese-Appetit: Warum nicht das Wochenende damit starten, dass ich in meinen Regalen stöbere? Und dann könnte ich mir einen gemütlichen Schmöker-Morgen auf dem Sofa gönnen und mir damit auch die Wartezeit auf echtes Frühlingswetter verkürzen. Denn Lesen macht glücklich. Da hatte Kardinal Lehmann einfach Recht.

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