Auf jeder Wand der Welt
Deutschland im Herbst - das ist heute, vor vierzig Jahren. Die „Rote Armee Fraktion“, RAF, entführt Hanns Martin Schleyer in Köln. Später ermorden sie ihn. So wollen sie eine „menschliche“ Gesellschaft erzwingen. Dafür handeln sie unmenschlich bis grausam. Überfallen Banken und Botschaften, erschießen Unbeteiligte, entführen ein Flugzeug. Unser Land ist im Schrecken.
Wer Menschlichkeit will, darf nicht unmenschlich werden. Kein noch so edles Ziel rechtfertigt Mord und Totschlag. Das gilt für die RAF wie für den „Islamischen Staat“. Das gilt auch für die vielen Gruppen in der Geschichte der Kirche, die den Himmel auf Erden schaffen wollten und am Ende nur die Hölle brachten. Jedes Ziel braucht Mittel, ja. Die Mittel müssen aber dem Ziel angemessen sein. Ich kann nicht menschlich und gerecht sein wollen und dafür unmenschlich und ungerecht werden. So wird man kein Helden, sondern Mörder.
Menschlichkeit schafft, wer menschlich bleibt. Meine Helden greifen nicht zur Waffe, sondern zum Geist. Sie bekämpfen ihre Gegner und achten sie zugleich. Vielleicht erreichen sie dann weniger ihrer Ziele. Dafür leuchten sie von innen. Meine Helden bomben nicht. Für ihre Tapferkeit und offenen Worte sitzen sie manchmal unschuldig im Gefängnis wie Deniz Yücel, der Hesse, seit Monaten in der Türkei. Gewalt weckt Gewalt, Worte wecken Geist. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sind solche Worte. Man müsste sie auf jeder Wand der Welt lesen. Weil Gott in ihnen wohnt. Wo er ist, bleibt jeder Mensch heilig. Immer.