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Bekennende Kirche
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Bekennende Kirche

Andrea Weitzel
Ein Beitrag von Andrea Weitzel, Katholische Schulseelsorgerin und Religionslehrerin, Hanau

Der 21. September ist ein bitterer Jahrestag in der Kirchengeschichte. Er erinnert daran, dass evangelische Pfarrer zu spät, vor allem aber viel zu zaghaft gegen die Judenverfolgung der Nazis protestierten. Immerhin taten sie es – am 21. September 1933.

Es war das erste Jahr, in dem Hitler in Deutschland herrschte. Die Nazis versuchten die Deutschen zu Antisemiten zu erziehen. Eine Welle des Terrors ergoss sich über das Land. Juden, Kommunisten und andere vermeintliche oder wirkliche Regimegegner wurden verhaftet, verschleppt, gefoltert.

Die meisten Bürger waren empört darüber, wie plötzlich der jüdische Landrat aus dem Amt gezerrt, der Laden des jüdischen Kaufmanns boykottiert und der jüdische Rechtsanwalt aus dem Gerichtsgebäude gebannt wurde. Deutsche Patrioten, mit denen man schon immer ganz normalen Umgang hatte, wurden plötzlich ihrer Rechte beraubt – nur weil sie zufälligerweise jüdische Eltern hatten. Trotzdem schwiegen die meisten Menschen über das Unrecht.

Die Nazis setzten auf eine Mischung aus Gewöhnung und Angst. Die Leute sollten sich daran gewöhnen, dass SA und SS Ausschreitungen gegen Juden organisierten. Und sie sollten sich fürchten, als unpatriotisch dazustehen, wenn sie Juden halfen.

In den Kirchen regte sich erst Protest, als die Nationalsozialisten versuchten, die Kirchen mit dem Staat gleichzuschalten. Die Nazis wollten durchsetzen, dass zum Christentum konvertierte Juden nicht als Kirchenbeamte eingestellt werden dürften.

Erst protestierten nur wenige Pfarrer, unter ihnen Pfarrer Martin Niemöller, der spätere hessische Kirchenpräsident. Sie sagten: Wenn wir zwischen Christen und sogenannten Judenchristen unterscheiden, dann hören wir auf, Kirche zu sein. Zusammen mit anderen Pfarrern verschickte Niemöller diesen Protestbrief am 21. September 1933 an alle Pfarrer. Zum Glück fanden sie schnell viele Anhänger.

Niemöller, der selbst auch später von den Nazis inhaftiert wurde, bedauerte nach dem Krieg, dass sich die Kirchen zu spät und viel zu zaghaft zu Wort gemeldet hatten. Er schrieb:

„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.

Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich nicht protestiert; ich war ja kein Gewerkschafter.

Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

Zum Glück sind wir heute weit entfernt von den politischen Verhältnissen Anfang der Dreißiger Jahre. Die Bürger sind mündiger geworden, die Christen wachsamer, die politischen Debatten werden weniger aufgewühlt und weniger gewalttätig geführt. Über das Internet können sich in Windeseile Protestbewegungen zusammenfinden.

Doch der 21. September bleibt als mahnendes Datum im Kalender. Er erinnert daran, dass Bürger nicht nur für die eigenen Rechte, sondern auch für die Rechte anderer einstehen müssen. Und dass man den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen darf, seine Stimme gegen Unrecht zu erheben.

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