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Ausreden
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Ausreden

Eva Rudolf
Ein Beitrag von Eva Rudolf, Redakteurin im Bistum Fulda

Jeden Herbst rollen aus allen Himmelsrichtungen Traktorengespanne, meist mit zwei Anhängern und große Lastwagen, ins nordhessische Wabern und bringen Tausende Tonnen Rüben in die Zuckerfabrik. Schon oft waren sie die Entschuldigung dafür, dass ich mal wieder zu spät gekommen bin. Und wenn es nicht die Rübentrecker waren, ist es die Bahnschranke. Und ich hatte noch schnell einen wichtigen Anruf angenommen, oder ich konnte nicht früher, weil der Hund abgehauen war und der Handwerker so spät kam, ich wollte ich hätte, und wünschte ich war, aber es ging doch nicht! Und es war nicht meine Schuld.

„Ich war´s.“ Die evangelische Fastenaktion „Sieben-Wochen-ohne“ läuft seit Aschermittwoch. Noch gut zwei Wochen, dann ist es geschafft. „Ich war´s.“ In diesem Jahr lädt die Aktion nicht dazu ein, auf Süßigkeiten, Zigaretten oder Computerspiele zu verzichten. Es geht um Ausreden. Sieben Wochen ohne Ausreden. Für mich als notorischen Zu-spät-Kommer heißt das: Trecker und LKW gibt es jeden Tag. Es liegt nicht an ihnen. Es liegt an den entscheidenden Minuten vor der Abfahrt, in denen ich mich noch nicht ins Auto setze, sondern nur noch eben schnell... die Zeit vertrödle. Ich berechne den Weg nicht ordentlich und verwechsle Abfahrts- und Ankunftszeit.

„Entschuldigung! Ich bin zu spät.“ Seit ich mich auf diese Feststellung beschränke und keine Rechtfertigungen mehr an den Haaren herbei ziehe, bin ich keinen Deut pünktlicher geworden. Leider.

Aber ich stelle fest: Die Ausrede hatte keinen Vorteil, dessentwegen ich ihr nachtrauern müsste. Die Menschen, mit denen ich verabredet war, vermissen sie genauso wenig wie ich. Die Ausrede half gar nicht. Im Gegenteil: Sie stahl zusätzliche Zeit. Nun war ich zwar schon zu spät, aber statt dass es endlich losging mit dem Thema, referierte ich noch über langweilige Verkehrsverhältnisse. Die Ausrede half nicht. Ich urteilte mich mit ihr selber ab: „Übrigens: Ich bin ein Spielball fremder Mächte. Ich steuere nicht selbst mein Leben, sondern irgendein Trecker oder ein abgestürzter Rechner ist Herr über meine Zeit. Ich habe die Lage nicht im Griff.“

Sieben Wochen ohne Ausrede heißt: sieben Wochen mit: Sieben Wochen mit „zu mir stehen“, sieben Wochen mit Selbstbewusstsein. „Ich war´s“. Es war nicht gerade geplant. Ich bin auch nicht stolz drauf, aber ich steh´ dazu. Falls Sie das noch nicht versucht haben, springen Sie doch noch auf! Zwei Wochen ohne Ausrede! Das ist allemal besser als keine. Danach können Sie sich fadenscheinige Entschuldigungen wieder erlauben. Sie können dann wieder Ausflüchte, zur Not frisieren, erfinden, schwindeln, dass sich die Balken biegen. Sie können´s aber auch lassen.

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