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311 - Das Christentum wurde "erlaubt"
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311 - Das Christentum wurde "erlaubt"

Guido Hepke
Ein Beitrag von Guido Hepke, Evangelischer Pfarrer, Weilburg

Darf man für eine Regierung beten? Oder muss man das sogar als Christ oder Christin?
Für den römischen Kaiser Galerius im Jahr dreihundertelf ist die Antwort auf diese Frage völlig klar: Er fordert von den christlichen Gemeinden im römischen Reich, dass sie für den Kaiser beten. Denn wer göttlichen Beistand für das Staatsoberhaupt erfleht, der akzeptiert die Regierung. Heute würden wir sagen: Der steht politisch auf dem Boden der Verfassung. Im Gegenzug verzichtet Kaiser Galerius darauf, die Christen weiter zu verfolgen.
Festgehalten ist das alles in einer Verordnung. Kaiser Galerius veröffentlicht sie am 30. April 311 in Nikomedia, Das ist eine Stadt in der heutigen Türkei. Erstmals in der Geschichte wird der christliche Glaube zu einer zu einer so genannten „erlaubten Religion“. Ein Wendepunkt der Geschichte.
Nun dürfen sich die christlichen Gemeinden frei und öffentlich zum Gottesdienst versammeln. Wer daran teilnehmen will, braucht keine Angst zu haben. Er wird deswegen nicht mehr verhaftet oder hingerichtet.
Vorher hatten die Christen in einem rechtlosen Zustand gelebt. Manchen Kaisern war es egal, wenn Kirchen gebaut wurden. Sie duldeten die Gottesdienste. Denn die Christen zahlten brav ihre Steuern.
Andere Kaiser griffen dagegen hart durch. Sie forderten die Christen auf, ein Standbild des Kaisers anzubeten. Wer das nicht tat, konnte kein öffentliches Amt bekleiden. Oder er wurde als Staatsfeind eingesperrt oder hingerichtet.
Tausende verloren ihr Leben in immer wieder neuen Verfolgungswellen. Trotzdem wurden die christlichen Gemeinden nicht kleiner. Im Gegenteil. Viele waren beeindruckt von der Konsequenz, mit der die ersten Christen ihren Glauben lebten.
„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist; und Gott, was Gottes ist.“ An diesem Satz von Jesus orientierten sich die Menschen in den Gemeinden. Sie waren bereit, Steuern zu zahlen, politische Ämter zu übernehmen, den römischen Staat mitzugestalten. Aber sie mochten nicht den Kaiser wie einen Gott verehren. Hier war eine Grenze überschritten.
Kaiser Galerius akzeptiert diese Grenze. Er versteht als erster: Auch wenn die Christen das Kaiseropfer verweigern – sie sind gute Staatsbürger. Auch wenn sie einer fremden Religion angehören: Sie erbitten göttliche Unterstützung für den Staat. Das ist gut.
Mehr als 1700 Jahre ist das nun schon her. Ich meine: Von der römischen Verordnung lässt sich eine Linie ziehen hin zu den Religionsartikeln unserer Verfassung.
Auch in unserem Land gibt es Religionsfreiheit. Sie gilt Christen und allen anderen Glaubensrichtungen. Doch diese Freiheit hat Grenzen. Wie bei den Römern gilt auch heute: Eine Religion kann nur dann erlaubt sein, wenn sie die Werte der Verfassung mitträgt.
Jeder Gläubige muss also akzeptieren, dass andere Menschen einen anderen oder keinen Glauben haben. Jede Religion muss zustimmen, dass alle Menschen gleichwertig sind. Männer und Frauen, Hetero- und homosexuell Veranlagte haben die gleichen Rechte. Die Würde eines jeden Menschen ist unverletzlich. Jeder Mensch hat Respekt verdient.
Wenn eine Religion diese Werte respektiert, dann ist sie vom Grundrecht auf Religionsfreiheit geschützt. Daran müssen sich alle messen – Christen ebenso wie Muslime, Juden oder Buddhisten – auch Nicht-Gläubige. Als gläubiger Mensch sage ich darüber hinaus: Es ist gut, für die Regierung unseres Landes zu beten.

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