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Jakobus und die fliegenden Brathähnchen
Foto:Ursula Seitz

Jakobus und die fliegenden Brathähnchen

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim
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Ich bin Pfarrer an einer evangelischen Kirche in Frankfurt-Bockenheim, die St. Jakobskirche heißt. Deshalb ist mir der 25. Juli wichtig, er heißt in den kirchlichen Kalendern Jakobstag. Er erinnert an Jakobus den Älteren, einen Jünger von Jesus. Unsere Jakobskirche ist eine Station auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostella in Spanien. Einige der vielen Jakobus-Legenden sind wunderschön in grünen und blauen Tönen auf den Glasfenstern der Kirche dargestellt. Gestaltet vom Künstler Charles Crodel.

Fliegende Brathähnchen auf dem Kirchenfenster

Dore Struckmeier-Schubert kann alle Legenden von Jakobus erzählen. Sie ist Mitglied des Kirchenvorstandes und leitet ehrenamtlich Gottesdienste. Immer auch den Gottesdienst zum Jakobstag. Danach macht sie eine Führung zu den Fenstern. Ich frage sie dabei: „Warum sind denn da oben fliegende Brathähnchen gemalt?“ Sie sagt: „Sie helfen mit, die Botschaft der Legende zu erzählen“.

Die Legende vom Hühnerwunder

Es ist die Legende vom Hühnerwunder: Der Künstler Charles Crodel hat sie mit einer Prise Humor wie einen Comic von unten nach oben in dem Fenster angeordnet. Auf den ersten Bildern sieht man einen jungen Mann, der zusammen mit seinen Eltern auf dem Weg zum Grab des Jakobus in einem Gasthaus einkehrt. Die Tochter des Wirts verliebt sich in ihn. Doch der Jüngling widersteht ihren Liebeslockungen Er lehnt ab, weil er an seine Liebste in der Heimat denkt.

Der Sohn widersteht der Versuchung

Dore Struckmeier-Schubert erklärt: „Der Sohn hält an dem fest, was er als gut und richtig erkannt hat.“ Sie meint weiter: „Hier spiegelt sich das Schicksal von Jakobus wider, der für seine Treue zu Jesus hingerichtet wurde.“ In ihren Führungen verlegt sie diese Erfahrung in die Gegenwart: „An dem Punkt frage ich die Besucher manchmal: Was ist wirklich wichtig im Leben? Was brauche ich, um glücklich zu sein? Ich finde: So vieles wird mir angeboten, doch im Grunde zählen die Beziehungen, die mich stärken. Die Liebe, die ich zu anderen Menschen empfinde.“

Die Rache des Vaters

Auf den nächsten Bildern geht die Legende weiter: Am nächsten Morgen gehen die Eltern voraus und der junge Mann bleibt noch im Gasthaus, um Hühner zu füttern und später aufzubrechen. Aus Rache für die verschmähte Tochter versteckt der Vater, der Wirt, einen goldenen Becher im Rucksack des Jünglings. Der Jüngling wird als vermeintlicher Dieb in einen Kerker gesperrt und gehängt. Als die Eltern nach einiger Zeit aus Compostela zurückkehren, finden sie ihren Sohn am Galgen, aber er lebt! Er sagt zu den Eltern: „Jakobus hat mich die ganze Zeit gestützt.“ 

Alle Menschen können Heilige sein

Hier hakt Dore Struckmeier-Schubert ein und sagt: „Der Jünger Jakobus hat miterlebt, wie Jesus die Menschen gestützt, getröstet und geheilt hat. Später hat Jakobus das getan, was er bei Jesus gelernt hat.“ Für sie als evangelische Christin ist wichtig: „Deshalb können alle Menschen Heilige sein. Wenn sie das Gebot von Jesus erfüllen: Einer trage des anderen Last“ (Galaterbrief 6,2).

Das Wunder der fliegenden Brathähnchen

Im Fenster geht die Legende noch weiter: Der Henker ist gerade beim Grillen von Hühnern. Da  wird mitgeteilt, dass der junge Mann lebt, den er gehängt hat. Der ungläubige Henker ruft aus: „Wenn das stimmt, werden meine Brathühner fliegen!“ Prompt flattern die Tiere empor. So kommen die Brathühner aufs Kirchenfenster.

Eine Mutmachgeschichte

Die Geschichte geht also gut aus, sie ist voller Wunder. Der zu Unrecht Verurteilte wird vom Galgen genommen. Die Eltern schließen ihn in die Arme. Dore Struckmeier-Schubert sagt: „Die Legenden von Jakobus lenken den Blick auf die kleinen Wunder im Alltag. Wenn ein Mensch sich nicht verbiegt und sich selbst und anderen treu bleibt, obwohl anderes verlockend erscheint. Oder wenn einer des anderen Last trägt. Die Jakobus-Legenden sind Mutmachgeschichten auf dem Weg durchs Leben.“

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