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Das Portemonnaie ist zurück
Bild: ptra auf pixabay

Das Portemonnaie ist zurück

Dr. Paul Lang
Ein Beitrag von Dr. Paul Lang, Diakon und Lehrer für Latein, Musik und Religion in Amöneburg

 „Mein Portemonnaie ist weg!“ Mein Puls schnellt in die Höhe. Es wird mir kurz heiß und kalt, als ich es bemerke. In wenigen Sekunden spiele ich im Kopf einzelne Szenarien durch: Was sollte ich als erstes und eilig tun? Kreditkarte sperren? Wie komme ich an Geld in der fremden Stadt, im fremden Land? Ich bin gerade in Südfrankreich. Mein Ausweis ist in diesem Portemonnaie, da braucht es eilig Ersatz. Ärgerlich das Ganze, aber natürlich auch kein Weltuntergang, sage ich mir. Erst einmal ruhig nachdenken.
Was war passiert? Der Busfahrer hatte mir eine Menge Münzen als Wechselgeld herausgegeben beim Kauf des Bustickets. Wegen des vielen Kleingeldes war das Portemonnaie sperrig. Deshalb hatte ich mich nur darauf gesetzt, es aber nicht in die Hosentasche gesteckt. Beim Aussteigen aus dem Linienbus hatte ich es in Gedanken liegen lassen.

Eineinhalb Stunden ist das her. Zu Fuß war ich mittlerweile durch die Stadt geschlendert, hatte dieses und jenes angeschaut. Gerade wollte ich mir in einem Café einen Espresso gönnen. Beim Griff zur Gesäßtasche fiel mir alles ein. Da stand ich nun.
Und jetzt? Zunächst einmal wenigstens suchen gehen, meine ich. Aber wo? Entschlossen stehe ich von der Bank auf, auf die ich mich niedergesetzt habe. Die Buslinie, mit der ich gefahren bin, bekomme ich zusammen. Wieviele Fahrer wird es geben? Während ich überlege, fährt ein Bus auf mich zu zum Bahnhofsvorplatz, in dessen Nähe ich nicht stehe. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu: Das ist sogar die Linie, mit der ich gefahren bin. Beim Blick durch die Scheibe traue ich meinen Augen nicht: Das ist doch der Fahrer meines Busses?! Das ist genau der Bus, in dem ich gesessen hatte! Wie im Reflex hebe ich die Hand. Der Fahrer sieht mich, was ein Glück. Und was ein Zufall! Er bremst, öffnet die Tür.

„Ah, Monsieur, votre Portemonnaie!“ ruft er mir zu, greift vor sich und drückt mir meine Geldbörse in die Hand. Ich bin sprachlos. Gerade noch Katastrophenszenarien im Kopf – und jetzt? Alles wieder gut. In einem kurzen Wortwechsel informiert mich der Fahrer: Ja, eine Mitfahrerin habe ihm die Börse direkt nach meinem Ausstieg nach vorne gebracht. Ob denn noch alles drin sei? „Ja!“ Dann: „Alles Gute – bon jour!“ Und er fährt weiter.
„Das ist ja ein Wunder!“, sagt ein Bekannter zu mir, als ich abends von dem Vorfall erzähle. Manchmal geschehen Dinge, die schön sind und gut tun. Sie kommen ganz unerwartet, ohne mein Zutun. Wunder? Ich weiß es nicht. Ich bin vermutlich zu aufgeklärt, das so zu nennen. Wer weiß, was heute alles geschehen wird, was unerwartet gut und schön sein wird.
Immerhin: Skepsis in Bezug auf mögliche Wunder hindert mich nicht dankbar zu sein. Ein Psalm, den ich sehr mag, macht das so: „Mein Herr und mein Gott, ich will dir danken mit ganzem Herzen. / Denn groß ist über mir deine Liebe. Du bist groß und tust Wunder, nur du bist Gott, du allein. / Du hast mir geholfen und mich getröstet.“

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