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Ein Grunderbe für jeden

Ein Grunderbe für jeden

Verena Maria Kitz
Ein Beitrag von Verena Maria Kitz, Katholische Pastoralreferentin in St. Michael, Zentrum für Trauerseelsorge, Frankfurt
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"Wahnsinn“, sagte eine Kollegin zu mir, „hast du gehört? Da hat ein junger Mann aus Frankfurt einfach mal 20.000 Euro geerbt. Von einer Stiftung“. Ich hatte es gelesen. Von der Stiftung „Ein Erbe für jeden“. Die verschenkt drei Mal im Jahr 20.000 Euro, an drei 30-jährige. Und will damit für mehr Chancengleichheit sorgen, weil jeder Anspruch hat auf ein Stück von dieser Welt, so hat es der Gründer gesagt.

Ungleiche Chancen

Ja, schon blöd, die Chancen sind nicht gleich verteilt – die einen erben viel, sogar sehr viel – und die allermeisten auf der Welt überhaupt nichts. Da mal eben so 20.000 Euro zu bekommen, das ist eine tolle Sache. Toll ist auch, dass zu den Regeln gehört, das Geld nicht gleich zu verpulvern. Drei Jahre muss das Geld gespart werden.

„Hätte ich auch gerne“, hat die Kollegin gesagt. Aber dann hat sie sich schnell korrigiert. Und gesagt, wie viel sie jetzt schon bekommen hat. Ganz umsonst.

Wie viel bekomm ich umsonst?

Ich weiß: Reich ist sie nicht. Aber sie hat dann gleich losgelegt und aufgezählt: gesund auf die Welt gekommen, im Frieden aufgewachsen, konnte die Schule besuchen, eine Ausbildung machen, dann sogar noch studieren. „Geld habe ich nicht umsonst bekommen“, meinte sie – „aber so viel anderes“. Das hat mich sehr beeindruckt. Und mich selbst zum Nachdenken gebracht: Wie viel habe ich schon bekommen, an Chancen, an Fähigkeiten, ohne etwas dafür zu tun? Und merke ich das eigentlich?

Was mach ich mit dem, was ich umsonst bekommen hab?

Vielleicht ist dieser Effekt mindestens so wichtig wie das erklärte Ziel der Stiftung „Ein Erbe für jeden“. Die hofft nämlich, dass Leute sich anstecken lassen und Geld für die Stiftung spenden. Damit sie weitermachen können. Das ist natürlich toll, kann aber nicht jeder. Ich finde, wir alle können uns mal fragen: Was habe ich schon alles bekommen – ganz umsonst? Ohne mich dafür anzustrengen? Und was mache ich damit?

Die Kollegin macht schon lange was. Sie hilft in der Hausaufgabenbetreuung in ihrer Nachbarschaft. Finde ich klasse, ihren Beitrag für „Ein Erbe für alle“.

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