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Pfingsten beflügelt die Fantasie
GettyImages/Anatolijs Gizenko

Pfingsten beflügelt die Fantasie

Dr. Annegreth Schilling
Ein Beitrag von Dr. Annegreth Schilling, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Heute ist Pfingsten! Eines der drei großen christlichen Feste, nach Weihnachten und Ostern. Pfingsten – das Fest des Heiligen Geistes. Ich bereite mich gern auf Festtage vor: Zu Weihnachten bastle ich mit meinen Kindern Sterne und backe Plätzchen, zu Ostern säen wir Ostergras.

Wie schmücke ich meine Wohnung zu Pfingsten?

Nun frage ich mich: Wie schmücke ich meine Wohnung zu Pfingsten? Was könnte ich ins Fenster stellen, was können die Kinder basteln für das Fest? Meine Phantasie bekommt Flügel und lässt sich von der biblischen Geschichte zu Pfingsten inspirieren.

Pfingsten: ein wundersames Ereignis in Jerusalem

Pfingsten geht auf ein wundersames Ereignis in Jerusalem zurück. Nach der Auferstehung und Himmelfahrt von Jesus sitzen seine Freundinnen und Freunde, die Apostel, zusammen. Sie sind traurig, weil Jesus nicht mehr bei ihnen ist. Sie schauen in den Himmel und warten auf ein Wunder. Sie fühlen sich verlassen, allein gelassen von Jesus, dem Menschen, der das Beste aus ihnen herausgeholt hat. Er ist nicht mehr da.

Was tröstet in so einer Situation? Wie kann ich über den Verlust eines Menschen hinwegkommen, der mir viel oder sogar alles bedeutet hat? Eine Bekannte, ich nenne sie hier Margit, stand vor dieser Frage.

Ihr Mann ist kurz vor seinem Ruhestand völlig unerwartet gestorben. Sie hatten noch so viel vor, wollten reisen und erleben, wie ihr Enkelkind groß wird. Der Tod ihres Mannes reißt eine große Lücke in ihr Leben. Nichts ist mehr, wie es war. Sie fühlt sich leer und kann sich nicht vorstellen, wie das Leben ohne ihren Mann weitergeht.

Auch Pfingsten beginnt in der Bibel mit Trauer. Bis plötzlich etwas Unerwartetes passiert.

Pfingsten: erst Trauer, dann Feuer und Flammen

Die biblische Geschichte von Pfingsten beginnt mit Trauer. Die Freundinnen und Freunde von Jesus sitzen zusammen und sind traurig, dass Jesus nicht mehr bei ihnen ist. Auf einmal spüren sie, dass sich etwas bewegt. Sie hören ein Brausen wie von einem starken Wind. Und dieser Sturm erfüllt das ganze Haus. Dazu sehen sie Lichter wie kleine Feuerflammen. Sie erleuchten das ganze Haus. So zeigt sich die Geistkraft Gottes: als Wind und Feuer. Beide kann man nicht anfassen, aber beide sind spürbar.

Die Heilige Geistkraft erobert im Sturm die Herzen der Jüngerinnen und Jünger. Sie sind sprichwörtlich Feuer und Flamme. Ihre Herzen legen die Traurigkeit ab und füllen sich mit dem Feuer der Liebe Gottes.

Der Tod ist wie ein Sturm in Margits Leben hereingebrochen

Für Margit, meine Bekannte, die plötzlich ihren Mann verloren hat, gibt es nur noch wenig, woran sie sich freuen kann. Wie ein Sturm ist der Tod über sie hereingebrochen. Ihr Mann hatte einen Herzinfarkt, kommt sofort ins Krankenhaus, und schon nach kurzer Zeit steht fest: Er schafft es nicht. Sie wird gerufen, um sich von ihm zu verabschieden. Als sie an seinem Bett steht, ist er schon nicht mehr ansprechbar. Trotzdem hat Margit das Gefühl, dass er sie hört. Ihre Herzen sind in diesem Moment ganz eng verbunden, so beschreibt sie das.

Das ist über eineinhalb Jahre her. Im Inneren ist Margit nach wie vor traurig. Da hilft kein gut gemeinter Rat: „Das Leben geht weiter. Du musst darüber hinwegkommen.“

Die Enkel trösten

Ihre Enkel sind ihr ein großer Halt. Sie trösten Margit mit ihrer ganz eigenen Sprache. Sie erinnern sich daran, dass ihr Opa Eichhörnchen geliebt hat. Wenn bei Oma ein Eichhörnchen über die Balkonbrüstung hüpft und nach versteckten Nüssen im Blumenkasten wühlt, dann rufen die Kinder: „Oma, komm! Das Eichhörnchen bringt einen Gruß von Opa.“

Gottes Geist erfüllt uns mit Liebe und Phantasie

Margit tröstet die Unbefangenheit der Kinder. Für mich ist das eine moderne Pfingstgeschichte. Sie erzählt davon, wie aus Trauer Freude wird. Die Enkelkinder finden Wege, um ihre Oma zu trösten. Sie erinnern an den Opa mit dem, womit er in ihren Augen weiterhin da ist. Mit etwas, über das sie sich freuen. Das ist für mich Pfingsten: Gottes Geist erfüllt uns mit Liebe und Phantasie.

Die Jünger und Jüngerinnen nehmen ihr Leben wieder selbst in die Hand

In der biblischen Pfingstgeschichte erleben die Jüngerinnen und Jünger Gottes Geist als Wind und Feuerflammen – ein Gruß vom Himmel, der ihnen neue Energie gibt. Sie nehmen ihr Leben wieder selbst in die Hand und trauen sich raus aus dem Haus, in das sie sich verkrochen hatten. Ich glaube: Pfingsten öffnet die Phantasie dafür, wie sich mir Gott in meinem Leben zeigen kann. Für den einen ist das ein tröstendes Wort oder eine helfende Hand. Für die Enkel von Margit sind Eichhörnchen Boten der göttlichen Liebe.

"Der Geist Gottes weht, wo er will"

Jesus hat gesagt: „Der Geist Gottes weht, wo er will. Du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt.“ (Johannes 3,18) Das drückt für mich aus: Die Geistkraft Gottes fliegt Menschen zu. Sie verwandelt die Sprache der Herzen. Aus Trauer wird Freude, aus Ängsten wird Mut.

Der Heilige Geist ist spürbar, wenn Menschen eine herzliche und liebevolle Sprache pflegen

Der Heilige Geist beflügelt die Phantasie und verwandelt die Sprache der Herzen: Nicht mehr traurig, sondern dankbar. Nicht mehr resigniert, sondern voller Hoffnung. Der Heilige Geist ist spürbar, wenn Menschen eine herzliche und liebevolle Sprache pflegen. Eine Sprache, die Menschen nicht klein macht, sondern bestärkt.

In den sozialen Medien erlebe ich täglich, wie abgestumpft und grob manche Menschen auf Erfahrungen anderer reagieren. Ein junger Mann wird auf Facebook beleidigt, weil er ein Foto von sich mit lackierten Fingernägeln postet. Eine Mutter, die über Erfahrungen mit ihren kleinen Kindern auf Instagram berichtet, erhält den Kommentar: „Rabenmutter! So jemand wie du sollte gar nicht erst Kinder kriegen.“ Solche Sätze verletzen. Sie sind schnell getippt, aber wirken lange nach.

Eine Sprache finden, die nicht auf den Hass eingeht

Wenn ich selbst beleidigt werde, wünsche ich mir die innere Stärke, in solchen Situationen gelassen zu bleiben. Es braucht Phantasie, um eine Sprache zu finden, die nicht auf den Hass eingeht.

Zu Pfingsten lasse ich meine Phantasie fliegen. Ich vertraue darauf: Gottes Geist beflügelt und schenkt Worte für andere, die trösten und herzlich sind. Die Pfingstgeschichte ermuntert mich, aufmerksam für die Sprache des Herzens zu sein. Hinzuschauen, wo sich die Geistkraft Gottes im Hier und Jetzt zeigt.

Pfingstrosen und eine Papiertaube - der passende Schmuck zu Pfingsten

Ich habe überlegt, wie ich meine Wohnung passend zum Pfingstfest gestalte. Und jetzt habe ich auch eine Idee: Ich nehme eine Vase und ein weißes Blatt Papier.

In die Vase stelle ich eine Pfingstrose. Sie steht für Liebe und für eine herzliche Sprache für andere. Jemanden trösten oder ein Kompliment machen, in den sozialen Medien oder im analogen Leben. Die Liebe Gottes weitergeben: Dafür steht die Pfingstrose.

Und das weiße Blatt Papier: Das nehme ich und bastle daraus eine Taube mit weiten Flügeln. Die Taube ist in der Bibel ein Symbol für den Heiligen Geist und auch das Zeichen für Frieden und Verständigung.

Beides, die Pfingstrose und die Taube an meinem Fenster machen mir Hoffnung. Gottes Geist beflügelt meine Phantasie zum Leben.

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