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"Gott ist hier"

"Gott ist hier"

Beate Hirt
Ein Beitrag von Beate Hirt, Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim hr, Frankfurt
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Ökumenischer Gottesdienst zu Heilig-Abend, 24. Dezember 2023, 22:15-23:15 Uhr, aus der Pfarrkirche St. Peter in Heppenheim

Hier geht's von 22:15 bis 23.15 Uhr am 24. Dezember zum hr2 Livestream.

Den Gottesdienst zum Nachhören gibt es nach Ausstrahlung hier oben auf dieser Seite und auch auf hr4.de.

Annette Claar-Kreh, Theologin und Sozialpädagogin, der evangelische Pfarrer Arno Kreh und der katholische Pfarrer Thomas Meurer leiteten gemeinsam den Gottesdienst und predigten. 

Die Orgel spielte Diözesankirchenmusikdirektor Lutz Brenner, die Geige Charlotte Freiberger. Im Gesangsensemble wirkten mit: Sophie Heitzmann, Beate Heitzmann, Nikolas Groth und Kay Freudenreich.

Kirchliche Redaktion: Beate Hirt, Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim hr     

                                                            

Musik: 

 

Eingangslied: GL 247 1-3.4/EG 27,1-3.6

Lied: GL 243,1-3/EG 30,1-3

Kyrie mit Ruf: (EG 178.12/GL 156/Taizé)

Gloria: GL 250,1.3 (EG 54) "Engel auf den Feldern"

Solo-Gesang: Bach/Schemelli: "Ich steh an deiner Krippe hier"

Lied/Kanon: Dona nobis pacem

Ruf vor dem Evangelium/ Halleluja: GL 174,4  und Teil aus Heinrich Schütz "Weihnachtshistorie"

Musik in der Ansprache:

Arcangelo Corelli: Pastorale aus dem Concerto G-Dur (Orgel/Geige) 

Willem de Fesch: Ceciliana D-Dur (Orgel/Geige)

Antonio Vivaldi: Siciliana aus der Sonate F-Dur (Orgel/Geige)

Lied: GL 249/EG 46 "Stille Nacht, heilige Nacht"

Lied: Gott hat mir längst einen Engel gesandt (GL Mainz 918)

Schlusslied: GL 238/EG 44, O du fröhliche"

Orgelimprovisation: "O, du fröhliche"

 

 

Ansprache Teil 1:

(Unsicherer Boden)

 

Liebe Schwestern und Brüder, 

 

manchmal beobachte ich Menschen.

Wie sie sich bewegen. Ihre Haltung. Ihren Gesichtsausdruck.

Kommt es mir nur so vor oder hat sich da etwas verändert?

Viele scheinen sagen zu wollen:

„Es ist zu viel! Ich schaffe es nicht mehr! Ich will nicht mehr“

Bei vielen ist die Luft raus.

Erschöpfung macht sich breit. 

Was ist das auch für eine hektische und aufreibende Zeit:

Eine Pandemie hat uns zwei Jahre in Atem gehalten.

Ständig neue Vorgaben. Diesen Satz streichen?

Manche kamen an ihre Grenzen:

die jungen Familien, die Jugendlichen, die Einsamen. 

Und dann der Krieg in der Ukraine.

Ein Krieg, der uns ganz nah gekommen ist.

Ist die Welt doch nicht so friedlich, wie wir lange dachten? 

Auf einmal ist Inflation wieder ein Thema.

Vor allem die Armen sind betroffen. 

Und die Spirale der Gewalt in Israel und Gaza.

Auch in unserem Land fühlen sich jüdische Menschen nicht mehr sicher. 

Viele Menschen sind deshalb ängstlich und unsicher.

Sie fragen sich: Wie wird es weiter gehen?

Manchmal kommen mir die Menschen vor

wie eine Herde ohne Hirte, allein auf dunklem Feld.

Was kann man noch glauben?

Wem kann man noch glauben?

Den Politikern? Den Wissenschaftlerinnen? Den Kirchenleuten?

Überall lauern „fake news“.

Wer gibt Orientierung?

Was kann uns Kraft geben in unserer Erschöpfung?

Und schließlich die Frage:

Wo ist Gott in all dem?

 

Ansprache Teil 2: 

(Die Hirten – Licht in der Dunkelheit) 

 

Die Hirten auf dem Feld in Bethlehem kannten das auch:

Die große Unsicherheit  und das Gefühl, Spielball von Mächten zu sein.

Ihre Existenz war alles andere als gesichert.

Ihr grauer Hirtenalltag kostete viel Kraft.

Doch auf einmal passiert etwas.

Licht bricht ein in ihre Dunkelheit und sie spüren:

Gott ist hier. 

Die Hirten haben das getan, was sie immer tun:

Schafe hüten.

Ihrer alltäglichen Arbeit nachgehen.

Und dann:

Auf einmal steht er da, der Engel und sagt:

Fürchtet euch nicht!

Eine neue Zeit bricht an.

Nicht irgendwann.

Jetzt. Bei euch. Mit euch.

Es gibt ein Zeichen.

Klein und unscheinbar.

Ihr werdet es erkennen.

Macht euch auf den Weg.

Ein Kind in einer Krippe.

Gott macht sich klein. 

Gott ist hier?

Die Hirten können es nicht glauben.

Wie sollen sie auch,

bei all dem Misstrauen, das ihnen begegnet.

Man hält sie draußen, lässt sie außen vor.

Manche sagen: „Hirten – da muss man vorsichtig sein!“ 

Plötzlich ist alles anders.

Engel sprechen sie an:

„Fürchtet euch nicht!“

Und weil ein Engel nicht ausreicht,

sind es auf einmal ganz viele.

Und es wird Licht. 

Nicht einfach so.

Es ist Licht in der Dunkelheit.

Gott richtet sozusagen einen Scheinwerfer auf sie.

Sie sind gemeint. Klar und deutlich.

Gott sieht sie.

Sie stehen im Mittelpunkt.

Sie stehen im Licht. 

 

Ansprache Teil 3:

(Weihnachten – der neue Blick auf das Leben) 

 

Gott ist da. Gott bei euch!

Was macht das mit Menschen,

wenn sie auf einmal herausgehoben werden

wenn sie spüren: „Ich bin gemeint!“? 

(a. Das Selbstverständliche sehen)

Ich glaube, es eröffnet einen neuen Blick auf das Leben. 

Weihnachten wirft ein neues Licht auf diese Welt:

Menschen werden gesehen.

Sie sind Gottes Kinder – Ich bin Gottes Kind!

Einmalig – ganz besonders – geachtet!

Mit einer ganz besonderen Würde,

die mir niemand streitig machen kann. 

Ob sich die Welt der Hirten verändert?

Wohl kaum.

Sie werden weiterhin ihre Herden hüten

und sie vor wilden Tieren schützen.

Sie werden weiterhin von Weide zu Weide ziehen

um etwas Futter für ihre Schafe zu finden.

Und doch ist etwas anders.

Ob sich unsere Welt verändert?

Wohl kaum.

Auch unser Alltag geht weiter:

Arbeit, Familie, Freizeit ….

Und doch ist etwas anders.

Das Licht von Weihnachten schenkt Klarheit.

Das Licht von Weihnachten lässt uns die Welt

mit Gottes Augen sehen,

so, wie er sie gemeint hat. 

Gott ist hier.

Und ich sehe: Da ist viel Schönes.

Dankbarkeit kann jetzt Raum gewinnen.

Ja, auch für das Selbstverständliche,

für das, was oft übersehen wird:

Ein Dach über dem Kopf und Brot für jeden Tag.

Der Sternenhimmel.

Menschen, die meinem Alltag Halt geben.

Arbeit und Bildung.

Kultur – die schönen Dinge des Lebens.

Eine demokratische Ordnung:

Keiner bestimmt allein über mich,

ich kann mich einbringen in diese Gesellschaft.

Ein Rechtsstaat.

Vieles ist gut geordnet.

Ich kann für mein Recht eintreten, es zur Not einfordern.

Die Freiheit der Information:

Unterschiedliche Meinungen können Platz finden.

Wenn es gut läuft, finden sie im Gespräch zueinander.

Ich verdanke mich nicht mir selbst.
(Weihnachten wirft ein großes Licht auf das Leben:
Ich werde gesehen. Gestrichen).

Das Leben ist ein großes Geschenk. 

(b. Gegen den Augenschein: Es ist Gottes Welt)

Weihnachten lädt nicht zum Zweckoptimismus ein.

Die Welt wird nicht schöngeredet.

Die Dunkelheit verschwindet nicht einfach

durch das Licht von Weihnachten.

Gewalt und Kriege gibt es auch weiterhin.

Fake News verschwinden nicht vom Bildschirm.

Die Welt wird nicht auf einen Schlag gut und schön.

Aber: das Neue kommt! 

Das Neue kommt nicht mit Macht und Gewalt.

Das Neue kommt klein und unscheinbar:

Ein Kind in der Krippe.

Bethlehem statt Rom.

Windeln statt Königsmantel. 

Das Licht von Weihnachten ist ein Trotzdem.

Gegen allen Anschein.

Im Kleinen fängt es an.

Die Hirten haben es gelernt.

Es ist Gottes Welt – trotz allem! 

(c. Das Licht weitertragen)

Die Hirten machen sich auf dem Weg.

Weihnachten setzt in Bewegung.

Später in der Geschichte heißt es von ihnen:

"Als sie das Kind gesehen hatten,

breiteten sie das Wort aus….“

Wer sein Leben im Licht von Weihnachten sieht,

kann die Hände nicht mehr in den Schoß legen.

Gott wird Mensch – das soll die Welt wissen! 

"Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden!“

so singen die Engel am Ende der Geschichte.

Wie sehr brauchen wir diesen Frieden

in all der Zerrissenheit und Gewalt, die wir zurzeit erleben.

 

Ansprache Teil 4: 

(Abschluss) 

 

Manchmal beobachte ich Menschen.

Wie sie sich bewegen. Ihre Haltung. Ihren Gesichtsausdruck.

Und ich sehe Menschen, die sich für andere einsetzen,

sich kümmern und sorgen.

Menschen, die in ihrer kleinen Welt Verantwortung übernehmen.

Die klar sind. Freundlich, zugewandt, ehrlich.

Menschen, die nicht blind sind für die Schatten,

die sich auf diese Welt legen.

Aber die vom Licht Gottes getroffen sind

und versuchen, die Welt hell zu machen. 

Sie sagen:    

„Es ist immer noch Gottes Welt!

Gott geht in diese Welt ein –

deshalb muss sie nicht so bleiben, wie sie ist.“

Wir können wahrnehmen und zuhören.

Wir können unterschiedliche Menschen

an einen Tisch bringen,

auch unterschiedliche Meinungen.

Nicht der Streit ist schlecht für die Demokratie,

sondern wenn jeder nur bei sich selbst bleibt. 

Hanns Dieter Hüsch beschreibt es so: 

Ich suchte Gott bei den Menschen

Und fand

Einen Blick, der mich verstand,

Und fand

eine Hand, die mich suchte,

Und fand

einen Arm, der mich umfasste,

Und fand

einen Mund, der zu mir Ja sagte. 

Gott ist da. Gott ist hier. Jetzt. 

Die Engel singen es herbei:

„Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden!“ 

Sie greifen unsere Sehnsucht auf

und bejubeln schon jetzt die neue Welt Gottes.

Sie beginnt bei den Hirten –

sie beginnt bei uns.

Mit dem Kind in der Krippe.

Klein und unscheinbar.

Wo die Liebe Gestalt gewinnt.

Ein kleines Zeichen.

Erkennt ihr es? 

Gott ist da!

Fürchtet euch nicht!

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