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Kirchenlieder gegen die Gedankenschleifen

Kirchenlieder gegen die Gedankenschleifen

Dr. Barbara Brüning
Ein Beitrag von Dr. Barbara Brüning, Katholische Journalistin, Autorin und Systemische Familienberaterin, Frankfurt
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Neulich habe ich mit einer älteren Dame gesprochen, die ich schon lange nicht mehr gesehen hatte. Wegen der Pandemie traut sie sich oft nicht einmal zur Messe zu gehen. An diesem Tag war sie aber doch da, und wir haben uns nach dem Gottesdienst unterhalten. Sie hat gesagt: „Ich bin einfach sehr viel alleine zu Hause. Gottseidank gibt es ja Radio und Fernsehen, da merkt man das nicht so. Aber man kann sich ja nicht ständig berieseln lassen.“

Oft denkt sie an die Zeit, als sie eine junge Frau war

Wenn es dann mal still ist, dann kommen Erinnerungen hoch in ihrem Kopf, erzählt sie. Oft ist sie dann eine junge Frau. Spricht in Gedanken mit ihrem Mann, der schon lange tot ist. Oder auch mit ihrer Mutter oder mit Freundinnen. „Manchmal denke ich auch darüber nach, was in meinem Leben anders hätte laufen können. Das sind alles nur Vermutungen. Aber die sind immer auch mit starken Gefühlen verbunden.“ Die lassen die ältere Dame oft nicht mehr los. Und dann träumt sie auch noch davon.

Die Liedtexte holen mich aus der Gedankenschleife

Weil niemand da ist, der sie auf andere Gedanken bringt, verstrickt sie sich richtig in diese Szenarien und ist am Ende ganz verwirrt. Aber dann erzählt die alte Dame in unserem Gespräch: „Jetzt geht es mir aber besser. Ich habe ein Mittel dagegen gefunden.“ Sie hat gebetet, dass das aufhören soll. Und dann kam ihr die Idee: Sie wiederholt Texte von Kirchenliedern, die sie sowieso auswendig kann, wie Gebete. Immer, wenn sie von so einer Gedankenschleife einfach genervt ist und denkt: „Mensch, schon wieder denkst du über diese alte Geschichte nach, die du sowieso nicht ändern kannst“. Immer dann sagt sie den Text eines dieser Lieder im Kopf auf.

Ich bin hier, und die Geschichten sind lange her

Oder manchmal singt sie sie auch. „Macht hoch die Tür“, ist eines ihrer Lieblingslieder. Sie sagt: „Wenn ich es dreimal gesungen habe, geht es mir wieder gut. Ich bin hier, und die Geschichten sind viele Jahre weit weg. So, wie es sein soll. Das wirkt auch nachts, wenn ich von so einem Traum geweckt werde. Auch wenn ich dann nicht singe, sondern nur die Worte sage.“

Beten und singen, bis es wieder gut geht

Ich finde, das ist eine wunderbare Strategie für alle, die viel allein sind und deren Gedanken sich immer im Kreis drehen: Beten und Singen, bis es wieder gut geht!

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