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Am Flughafen Sorgen teilen
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Am Flughafen Sorgen teilen

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim
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Was sind Ihre größten Ängste und Sorgen? Das fragt auch in diesem Jahr eine Studie einer Versicherung 2400 Menschen. Das Ergebnis: steigende Lebenshaltungskosten und unbezahlbarer Wohnraum – davor haben die Deutschen besonders Angst. Auch häufig genannt: eine deutsche Beteiligung an einem Krieg und der Einsatz von Atomwaffen. Insgesamt sind die Menschen deutlich sorgenvoller als noch vor einem Jahr. 

Die Flughafenseelsorgerin bekommt viele Ängste zu hören

Eine, die sich mit Existenzsorgen auskennt, ist Pfarrerin Bettina Klünemann. Sie ist Seelsorgerin am Frankfurter Flughafen. Dabei ist sie nicht für nur Reisende zuständig. Sondern auch für die, die am Flughafen arbeiten. Bettina Klünemann erzählt: "Vielen Mitarbeitenden vor allem von kleineren Firmen geht es nicht gut. Viele mussten während der Pandemie in Kurzarbeit oder wurden ohne auskömmliche Abfindungen entlassen. Dann hat sich die Situation gedreht. Jetzt werden händeringend Leute am Flughafen gesucht. Manche sind zurückgekommen und arbeiten nun am Limit für geringen Lohn. Dazu kommen die Sorgen wegen der gestiegenen Energiekosten."

Krisen am eigenen Leib spüren

Die Sorgen von Beschäftigten am Flughafen spiegeln sich in der Umfrage. Viele Menschen spüren die Krisen am eigenen Leib und machen sich Sorgen um die Zukunft. Was kann helfen? Für Bettina Klünemann ist der Glaube eine große Ressource. Einer ihrer Lieblingsverse aus der Bibel heißt: "Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit." 

In der Stille, im Gebet den Sorgen Raum geben

Sie sagt: "Das zu leben, gelingt nicht jeden Tag. Aber ich weiß aus eigener Erfahrung: Es tut gut, sich ein paar Minuten bewusst Zeit zu nehmen für Stille oder Gebet. Ich teile meine Sorgen mit Gott. So kann ich dem Geist der Kraft, Liebe und Besonnenheit Raum geben."

Aus eigener Schuld in Not?

In ihrer Arbeit als Seelsorgerin erlebt sie auch: Viele, die sich um die eigenen Finanzen oder den Arbeitsplatz sorgen, empfinden Schuld und Scham. Sie sagt: "Wenn ich mit den Mitarbeitenden hier am Flughafen spreche, versuche ich ihnen zu vermitteln: In Gottes Augen sind sie wertvolle Menschen. Auch wenn sie sich gerade in einer Krise befinden und ihr Selbstwertgefühl leidet." Vielen tut gut zu hören: Es ist nicht ihre eigene Schuld, dass sie persönlich in eine solche Krise geraten sind.

Reden hilft in diesem Fall immer

Sorgen teilen. Das ist für Bettina Klünemann sehr wichtig. Kraft und Liebe können den Menschen auch zuwachsen, wenn sie sich anderen Menschen mitteilen. Sie rät: Reden hilft immer. Es sei heilsam, Sorgen mit anderen zu teilen. Zu hören, was auch den anderen den Schlaf raubt. Um aus der Sorgenstarre besser herauszufinden. Und besonnen zu entscheiden, welche nächsten Schritte zu gehen sind. Die Seelsorgerin sagt: "Mit Gottvertrauen kann ich Ängsten besser begegnen. Damit die Sorgen nicht die Oberhand gewinnen."
 

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