Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Die Schönheit der Welt und die Frisuren
Bildquelle: pixabay

Die Schönheit der Welt und die Frisuren

Dr. Susanne Nordhofen
Ein Beitrag von Dr. Susanne Nordhofen, Ehemalige Leiterin eines katholischen Gymnasiums in Königstein/Taunus
Beitrag anhören:

„Frisöre machen die Welt schöner“ - dieser Slogan ist mir neulich von einem großen Plakat ins Auge gesprungen. „Hm“, dachte ich mit Blick auf meine durch Seewasser und Sonnenlicht zerzausten Haare, „gar nicht mal so verkehrt. Nach dem Urlaub erstmal zum Friseur, dann fühlt man sich gleich viel besser.“ So geht es mir jedenfalls.

Macht Erfolg schön?

Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Der Dichter Bertolt Brecht hat dazu einen kurzen Dialog geschrieben: Herr K. sah eine Schauspielerin vorbeigehen und sagte: „Sie ist schön.“ Sein Begleiter sagte: „Sie hat neulich Erfolg gehabt, weil sie schön ist.“ Herr K. ärgerte sich und sagte: „Sie ist schön, weil sie Erfolg gehabt hat.“

Meine Zufriedenheit strahlt nach außen

Ich kann den Ärger von Herrn K. gut nachvollziehen. Er ärgert sich zu Recht über die oberflächliche Unterstellung des Begleiters, dass ein Mensch seinen Erfolg nur seinen körperlichen Vorzügen verdankt, für die er ja nichts kann. Umgekehrt stellt sich Schönheit ein, wenn jemand aus eigener Kraft etwas erreicht. Wer dann mit sich zufrieden und glücklich ist, gewinnt an Charme und Ausstrahlung. Das finde ich viel humaner, als wenn Schönheit nach den fragwürdigen Maßstäben irgendwelcher Modellagenturen gemessen wird.

Das Hohe Lied der Bibel preist die Schönheit

Im sogenannten „Hohen Lied“ der Bibel, einem langen Liebesgedicht, spielt Schönheit eine wichtige Rolle. Braut und Bräutigam preisen mit altorientalischer Ausführlichkeit die wunderbare Gestalt des Partners: „Mein Geliebter ist weiß und rot, sein Haupt ist reines Gold, seine Locken sind Rispen rabenschwarz.“ (Hoheslied 5,10-11) Oder: „Siehe, schön bist du meine Freundin, wie ein purpurnes Band sind deine Lippen.“ (Hoheslied 4,1.3) Alle Wohlgerüche des Orients umschmeicheln die Liebenden, die sich nach Umarmung sehnen. Das ist wie ein Märchen aus Tausend und einer Nacht. Wer jemanden liebt, ist von der Schönheit des anderen - auch der verborgenen - entzückt. Und diese oder dieser blüht auf. Das Hohe Lied greift so einen besonders liebenswürdigen Aspekt des Lebens auf und verbindet ihn mit Gott.

Vor Gott sind alle Menschen schön

Theologen haben die erotische Anziehung zwischen zwei Menschen, wie sie die Bibel ausschmückt, auch als Symbol für die Liebe Gottes zu den Menschen gedeutet. Vor Gott sind sowieso alle Menschen schön. Ich finde diesen Vergleich ganz wunderbar.

Wird die Welt schöner, wenn ich zufriedener mit mir bin?

Nun verspricht der Slogan ja ganz schön flott: „Friseure machen die Welt schöner.“ Das heißt ja nicht nur, dass sie ihre Kunden und Kundinnen schöner machen, sondern sogar die ganze Welt. Deswegen lachen einen ja auch fünf junge Gesichter aus allen Weltgegenden vom Plakat herab ab an.

Die Welt schöner machen: Das ist ein ziemlich hoher Anspruch.

Weniger selbstkritisch sein und gelassener aufs Wesentliche konzentrieren

Aber vielleicht ist ja auch etwas Wahres dran. Vielleicht hat die Schönheit der Menschen wirklich auch was mit der Schönheit und sogar der Güte der Welt zu tun? Das behaupten auch die antiken Philosophen: Wahres, Schönes und Gutes hängen ganz eng zusammen. Den Zusammenhang stelle ich mir einmal praktisch vor: Wie wäre es, wenn an einem Tag eines Jahres alle Menschen auf der Welt sich vor den Spiegel stellen würden und mit ihrer Frisur und ihrem Äußeren zufrieden wären? Da gäbe es kein nervöses Herumzupfen und keine überkritischen Blicke. Alle fühlten sich gemeinsam wohl und könnten das auch anderen gönnen. Zufrieden packten alle ihren Alltag an: Positiv, gelassen und aufs Wesentliche konzentriert. Dann ginge bestimmt Vieles leichter auf der Welt.

Ich nehme mir vor, auf das Versprechen der Frisöre einzugehen und es auszuprobieren. Gleich mache ich einen Termin aus.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren