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"Reißleine. Wie ich mich selbst verlor und wiederfand"
Herder Verlag

"Reißleine. Wie ich mich selbst verlor und wiederfand"

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim
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Sie hatte eine Bilderbuch-Karriere in der Politik hingelegt: Katja Suding. Sie führte die Hamburger FDP, gewann Wahlen und zog in den Bundestag ein. Vielleicht hätte sie Ministerin werden können.

Nun hat sie sich aus der Politik verabschiedet. Wie sie aufgestiegen und ausgestiegen ist: Davon erzählt sie in ihrem Buch "Reißleine: Wie ich mich selbst verlor und wiederfand".

Schutzpanzer

Das politische Geschäft ist hart. Das merkt Katja Suding nach kurzer Zeit. Machtkämpfe zehren an ihren Kräften. Um nach außen zu funktionieren, legt sie sich einen Schutzpanzer zu.

Auch außerhalb der Politik brauchen wir immer wieder einen Schutzpanzer. Ich kann im Beruf und im Privatleben nicht alles ungeschützt an mich heranlassen.

Aber wenn der Schutzpanzer zu dick wird, kann ich selbst verhärten. Mein Verhältnis von innen und außen gerät aus dem Gleichgewicht. Dann habe ich keinen Zugang mehr zu meinen Gefühlen.

"Ich habe meine Mitte verloren"

So ging es Katja Suding. Sie merkte: Sie wurde auch in ihren privaten Beziehungen hart und kühl, wo sie eigentlich weich und verständnisvoll sein will. Ihre beiden Söhne sah sie nur selten. Ihre Ehe zerbrach. Sie spürte: Ich habe meine Mitte verloren.

Wie findet man seine Mitte wieder? In der Bibel hat der Apostel Paulus viel erlebt, was ihn aus dem inneren Gleichgewicht hätte bringen können. Er hat sich ganz der Mission verschrieben, den Glauben an Jesus Christus in die Welt zu tragen.

Dafür ging er Konflikte ein mit anderen, die ihm sein Amt streitig gemacht haben. Oft fühlte er sich kraftlos. Aber er machte die Erfahrung: "Auch wenn unsere äußeren Kräfte aufgezehrt werden, bekommen wir innerlich Tag für Tag neue Kraft."

Kraftquellen

Paulus hat sich und andere daran erinnert: Wenn du dich im Außen verloren hast, gehe tiefer und entdecke, was dir innerlich Kraft gibt.

So eine innere Kraftquelle ist für Katja Suding ein altes Kirchenlied. "Großer Gott, wir loben dich". Sie hat es als junger Mensch oft im Gottesdienst gesungen.

Wenn sie es hört, wird sie durchlässig. Sie schreibt in ihrem Buch: Sie erlebt einen wahren Gefühlssturm, wenn sie sich mal in einen Gottesdienst verirrt. Dann ist sie wieder ganz bei sich und spürt, wie es ihr wirklich geht.

Das innere Kind

Von einem Bekannten erfährt sie von einem Seminar in Süddeutschland. Eine Woche ohne jeden Kontakt zur Außenwelt. Sie kümmert sich um ihr "inneres Kind", wie Katja Suding es nennt, das immer wieder nach Anerkennung schreit und gesehen werden will.

Sie beschließt: "Ich ziehe mich aus der Politik zurück. Ich weiß zwar noch nicht, wie es danach weitergeht. Aber genau das macht mich glücklich."

Für ihren Schritt hat sie viel Mut gebraucht. Nun will sie anderen Mut machen. Weil sie weiß: Viele Menschen reiben sich auf. Machen sich abhängig von der Meinung anderer und verlieren dabei ihre Mitte.

Glück nicht im Außen suchen - alles ist längst da!

Deshalb schreibt sie: "Ich muss Glück, Anerkennung und Wohlbefinden nicht im Außen suchen. Alles ist längst da! Sei mutig und verzichte nicht auf dein wahres Leben."

 

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