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Es gibt nichts Gutes!
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Es gibt nichts Gutes!

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Es gibt Sätze, die schwirren durch das Leben und tauchen immer wieder auf. Weil sie so zutreffend erscheinen. Zu den besonders beliebten geflügelten Worten gehört die Behauptung: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ Von Erich Kästner stammt die Zeile. Sie ist in einem Buch zu finden, in dem Aphorismen von ihm als eine Art praktische Lebenshilfe zusammengefasst sind.

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Vielleicht hängt die Beliebtheit dieses Zitats auch mit der Popularität des Autors zusammen. Wer so geniale Bücher geschrieben hat wie Emil und die Detektive oder Das Fliegende Klassenzimmer, dem traut man auch eine gewisse Lebensweisheit zu. Aber trotz aller Sympathie für Erich Kästner begegne ich dieser Behauptung von ihm mit großer Skepsis.

Es gibt sehr viel, was gerade deshalb gut ist, weil man es eben nicht tut

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ In seiner Absolutheit ist das irreführend. Denn es gibt tatsächlich sehr viel, was gerade deshalb gut ist, weil man es eben nicht tut. Zum Beispiel Krieg führen, Kinder schlagen, Frauen benachteiligen, Freunde betrügen und so weiter. Die Liste alles dessen, was man besser nicht tut, ist lang.

Man muss Vorhaben, die man ankündigt auch in die Tat umsetzen

Aber warum hat sich die These „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ so fest eingebrannt? Warum wird sie immer wieder so gerne zitiert? Gemeint ist damit wohl etwas anderes, nämlich die Kritik an bloßen Lippenbekenntnissen. Es ist in der Tat schlecht, gute Vorhaben einfach aufzusagen, ohne sie in die Tat umzusetzen. So nützen sie niemandem! Aber der Satz „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ führt trotzdem auf eine falsche Fährte.

Es kommt nicht allein darauf an, was du tust, sondern immer auch darauf, warum du es machst!

Schon lange vor Kästner hat sich in der Bibel der Apostel Paulus mit dem Thema beschäftigt. Paulus sagt: Es kommt nicht allein darauf an, was du tust. Mindestens genauso wichtig sind die Motive deines Handelns. Eine mildtätige Gabe ist nicht an sich und immer eine gute Tat. Wenn du sie im Hochmut gibst und dabei auf den Armen herabblickst, kann es arrogant sein und sogar beleidigend. Es kommt nicht allein darauf an, was du tust, sondern immer auch darauf, warum du es machst! Oder eben auch, warum du etwas nicht machst! Darin ist sich Paulus ganz sicher.

Es gibt viel Gutes in dem, was ich nicht tue

Die Frage, die Paulus aufgeworfen hat, ist in diesen Tagen besonders aktuell. Wer sich jetzt in der Passionszeit auf den Weg macht, in den sieben Wochen bis Ostern zu fasten oder andere unliebsame Dinge wegzulassen, merkt schnell: Es kann sehr sinnvoll sein zu verzichten, sich einzuschränken, etwas eben NICHT zu machen. Also: Es gibt viel Gutes in dem, was ich nicht tue.

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