Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Abheben in Lese-Welten…
Bild: Pixabay

Abheben in Lese-Welten…

Christoph Schäfer
Ein Beitrag von Christoph Schäfer, Katholischer Religionslehrer, Rüsselsheim
Beitrag anhören:

Vor kurzem hab ich auf einer Ausstellung ein paar Skulpturen des Schweizers Daniel Eggli zum Thema „Lesen“ entdeckt. Und war von den Holzkunstwerken sofort fasziniert: Eggli lässt nämlich lesende Frauen und Männer meterhoch über dem Boden schweben. Die Figuren sitzen auf hohen Bücherstapeln, die sich wie Wendeltreppen Richtung Himmel schrauben. Das scheinen die Figuren aber gar nicht wahrzunehmen: Alle sind jeweils in ein Buch vertieft. Sie schweben also, ohne es zu merken. 

Das Gefühl wieder öfter spüren

Seitdem denk ich immer wieder mal an die Skulpturen zurück. Sie sind wie ein Motivationsschub für mich, wenn es ums Lesen geht. Und den brauch ich: Seit einer Weile hab ich mir viel zu selten Zeit genommen, richtig in ein Buch einzutauchen. Und auf diese Weise abzuheben. Als ich die schwebenden Leser von Eggli gesehen hab, bin ich daher richtig sehnsüchtig geworden: Mir ist wieder eingefallen, wie wunderbar es ist, beim Lesen über dem Alltag zu schweben. Alles um mich herum zu vergessen. Dann fühl ich mich sozusagen wie in einem ganz speziellen Lese-Himmel. Und das Gefühl will ich wieder öfter spüren. 

Etwas zum Mitfiebern und Mitleiden

Ich weiß aber: Das geht nur, wenn ich mich wirklich aufs Lesen konzentriere. Und nicht nach ein paar Zeilen Lesegenuss dem Drang nachgebe: Ich muss Mails checken. Oder eine Nachricht schreiben. So wichtig diese Dinge alle sind: Sie dürfen einfach nicht die Lese-Höhenflüge ganz aus meinem Alltagsleben verdrängen. Denn ich denk: Es war wunderbar, als ich mit dem Roman „Die Puppenspieler“ von Tanja Kinkel in die Welt der Renaissance eingetaucht bin. Ich find: Das Buch ist ein Schmöker im besten Sinn des Wortes. Etwas zum Mitfiebern und Mitleiden. Ich denk aber auch gerne an eine ganz andere Art der Lesebegeisterung zurück: Als ich „Herr Lehmann“ von Sven Regner gelesen hab. Da hab ich die Hauptfigur mit ironischem Abstand, aber dennoch absolut fasziniert bei ihren Eskapaden in Berlin-Kreuzberg begleitet.

Ein echter Glücksmoment

Solche Lese-Höhenflüge: Sie helfen mir dabei, nach dem Abheben in literarische Welten wieder mit mehr Energie im Alltag zu landen. Ich will deswegen mehr Lese-Freiräume in meinen Alltag einfügen. Und ich merk als Zwischenbilanz: Das klappt zwar leider immer noch oft nicht. Aber doch erstaunlich häufig. Und es ist jedes Mal ein echter Glücksmoment.

 

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren