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Annie ist gewachsen
Privat

Annie ist gewachsen

Andrea Seeger
Ein Beitrag von Andrea Seeger, Evangelische Theologin, Oberursel
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Seit fast zwei Jahren haben wir unseren Hund. Annie kam aus dem Tierschutz in Ungarn. Eine zwei Jahre alte Hündin, die auf der Straße gelebt hatte. Sie war an Menschen nicht gewöhnt, hatte vor allem Angst und kniff ihr durchaus wohlmeinende Zweibeiner vorzugsweise in Wade oder Po.

Gassigehen nur im Garten

Gassi gehen war nur im Garten möglich, alles andere bedeutete eine Reizüberflutung. Autofahren ging gar nicht. Drei Hundetrainerinnen nacheinander winkten dankend ab. Wir sollten uns wieder melden, wenn der Hund Grundkommandos beherrsche. Wir dachten, dafür sei die Trainerin da.

Gottvertrauen und Geduld

Haareschneiden im Hundesalon – ging nicht. Die Hundefriseurin fürchtete um ihren guten Ruf, wenn Annie nur halb geschoren irgendwem begegnet. Es war schon manches Mal zum Verzweifeln. Was hilft in so einer Situation? Bei mir war es Gottvertrauen. Und Geduld. Es wird schon.

Eine Heilpraxis für Hunde

Nach sechs Wochen einer Art „Hofgang“ im Garten, unzähligen Sitzungen auf der Rücksitzbank des Autos mit zarten Fleischhappen und einer mobilen Hundefriseurin trafen wir am Waldrand auf eine junge Frau. Wir kamen ins Gespräch. Sie betreibt eine Hundeheilpraxis und bietet Spaziergänge an mit Übungen. Klar, wir könnten mitmachen. Ich dachte: „Dich schickt der Himmel“. Selten hat der Satz so gut gepasst. Seit einem Jahr sind wir jetzt dabei, in diesem Rudel voller Hunde, viele von ihnen aus dem Tierschutz.

Annie hat nicht mehr so viel Angst, sie schaut sich von den Kumpels und Kumpelinen eine Menge ab – leider auch Unarten wie sich im Schlamm zu wälzen. Macht nichts, Hauptsache glücklich.

Gewachsen durch Selbstbewußtsein

Vor kurzem haben wir Freunde besucht. Sie kennen Annie noch aus ihrer Anfangszeit. Die Freundin fragt: „Sie ist ein ganzes Stück gewachsen, oder?“ Ich antworte: „Sie war ausgewachsen, als sie zu uns kam.“ Aber dann denke ich: Sie hat recht. Annie hat eine andere Haltung, gestreckter, Kopf nach oben. Sie ist selbstbewusst geworden, der Schwanz zeigt gerade gen Himmel statt traurig nach unten. Es ist eine solche Freude, das erleben zu dürfen. Vertrauen lohnt sich.

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