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ARD Gottesdienst zu Fronleichnam aus Gießen

ARD Gottesdienst zu Fronleichnam aus Gießen

Stefan Wanske
Ein Beitrag von Stefan Wanske, katholischer Pfarrvikar im Pastoralraum Gießen-Stadt

Katholischer Gottesdienst an Fronleichnam am Donnerstag, 16. Juni 2022, 10:00 - 11:00 Uhr, live aus der Pfarrkirche St. Bonifatius in Gießen im Ersten

Hier geht es zur Live-Übertragung im Ersten. Das Liedblatt finden Sie hier. Nachsehen können Sie den Gottesdienst in der ARD Mediathek.

Die Mitwirkenden beim Gottesdienst:

Pfarrer Stefan Wanske  / Pater Ivan Jakovic (kroatische Gemeinde) / Pfr. Mariusz Golonka (polnische Gemeinde)

Julia Hofer, Lektorin Lesung

Fürbittensprecher*innen (teils aus den muttersprachlichen Gemeinden)
                 

Kammerchor der Bonifatiuskirche:
Natascha Jung / Sophie Haun / Heike Hoffmann / Johanna Will (Sopran),
Sora Winkler / Johanna Nadolny / Melinda Betz / Katrin Schlechtriemen (Alt)
Shawn Mlynek / Volker Gaug / Simon Molitor / Thomas Oelighoff (Tenor)
Vito Tamburro / Jan Meinhardt / Jos Pellekoorne / Carsten Hoffmann (Bass)

Band der Bonifatiuskirche:
Alexander Müller (Piano), Michael Brandt (Percussion), Timon Pellekoorne (Cajon), Stefan Koch (Saxophon), Ronald Scott (Bass)

Blechblasinstrumente:
Max Althaus (Trp.), Monika Hotte (Trp.), Daniel Burkhardt (Pos), Volker Gaug (Pos), Sr. Sara Thiel (Tuba)

Solist*innen:
Natascha Jung, Kantorin/Vorsängerin / Shawn Mlynek, Vorsänger

2 Orgeln:
Große (Eule-)Orgel (oben), Organist: Josua Velten
Kleine Chororgel (unten), Organist: Nils Kuppe

Musikalische Leitung: Regionalkantor Michael Gilles

Predigt:

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde hier in der Bonifatiuskirche und zuhause am Fernseher!

Mahatma Gandhi soll einmal gesagt haben: „Wenn Dich ein Hungernder fragt „Wo ist Gott?“, dann gib ihm Brot und sag: „Hier!“

Gott ist da, wo wir Menschen uns gegenseitig Brot geben, wo wir miteinander teilen. Das steckt schon in der Geschichte aus der Bibel, die wir gerade gehört haben. Mindestens fünftausend Leute sind gekommen, um Jesus zu hören. Irgendwann haben sie Hunger, und genau das bringt die Freunde Jesu in einige Verlegenheit. Sie sind sich sicher: Was sie selbst haben und was sie geben können, das wird niemals reichen.

Beides gibt es auch heute: Hunger nach Brot und nach noch viel mehr, was zum Leben nötig ist. Und die Sorge: Was da ist, das reicht niemals!

In den letzten zwei Jahren der Pandemie hab ich ganz besonders gemerkt, was neben der konkreten Nahrung auch für mein Leben wichtig ist:  Dass ich mit Menschen zusammen am Tisch sitze, Mahl halten kann, auch hier in der Kirche.

Große Gottesdienste, Volksfeste, Konzertereignisse oder Sport-Events – die haben mir gefehlt, ein bisschen wie das täglich Brot. Und ich bin wirklich froh, dass es damit nun langsam wieder losgeht. Klar, vieles geht auch digital oder hybrid – aber sich wirklich begegnen und miteinander feiern, das ist schon etwas anderes.

Trotzdem: feiern ist zurzeit auch deshalb etwas schwierig, weil nun noch Krieg herrscht – nicht weit weg, sondern ganz nah in der europäischen Nachbarschaft. Und die Menschen dort haben erst recht Hunger: nach Gemeinschaft und Frieden und oft auch ganz konkret nach Brot und Nahrung. Durch die steigenden Lebensmittelpreise gibt es auch bei uns Menschen, die sich auf einmal Sorgen machen, wie sie mit ihren Familien über die Runden kommen und ob sie den Strom und die Gasrechnung dieses Jahr bezahlen können.

Viele spüren: Was ich selbst habe, reicht nicht mehr weit. Zu wenig Geld, zu wenig Personal, zu wenig Zeit, zu wenig Kraft und zu wenig Nerven. Was also tun?

Die Jünger im Evangelium kommen auf naheliegende Lösungen. Ihr erster Gedanke: „Jeder soll für sich selbst sorgen!“ Die Leute sollen in die umliegenden Dörfer gehen und sich dort etwas zu essen kaufen.

Jesus bietet dagegen einen anderen Plan an: Gerade jetzt, wo es ernst ist, da sollen die Leute eben nicht auseinandergehen, sondern zusammenbleiben. Sich in Gruppen hinsetzen, sich gegenseitig wahrnehmen. Und das essen, was da ist. Und dann wird, wenn man so will, noch ein weiterer dazu gebeten zu diesem großen Mahl. Jesus blickt zum Himmel, und das heißt: Er bezieht Gott mit ein. Über fünf Brote und zwei Fische spricht Jesus den Segen. Und tatsächlich wird aus scheinbar Wenigem, aus fünf Broten und zwei Fischen, so viel, dass es nicht nur für alle reicht, sondern am Ende noch schiere Überfülle übrig ist.

Menschen bleiben zusammen, setzen sich hin, ganz auf Augenhöhe. Es entsteht Nähe – und dann kommt Gott dazu, ja er ist sogar schon mittendrin. Wo das gelingt, da sind Wunder der Lebensfülle gar nicht so außergewöhnlich: Es kann an jedem Familientisch zu Hause Wirklichkeit werden. Wo wir uns gegenseitig Brot schenken, das, was wir zum Leben brauchen, da ist auch Gott anwesend. Und, wer weiß, vielleicht gibt er auch wundersam noch das mit drauf, was zum Leben fehlt.

Das alles findet sich auch wieder, wenn wir Fronleichnam feiern.  Ein einfaches Stück Brot steht dabei im Mittelpunkt: Es ist ein heiliges Zeichen und steht zugleich für den Alltag, für das, was wir miteinander teilen. Heilige Zeichen sind aber heute etwa auch die Blumenteppiche, die an vielen Orten gelegt werden: Sie erzählen, dass Gott schon gesegnet hat und Wachstum schenkt.  Und zwar nicht in einem fernen Jenseits, sondern hier unter uns, auf dem Asphalt und dem Verbundpflaster unseres Lebens mit all seinen Mühen.

Wir sind Gäste am Tisch Jesu. Er schenkt sich uns im Brot, von dem er sagt: Nehmt und esst alle davon, das ist mein Leben für Euch. Er segnet, was da ist. Er teilt sich selbst aus an alle. Es gibt nicht mehr „Gott oben“ und „uns Menschen unten“. Himmel und Erde rücken zusammen, wenn wir in seinem Namen Brot und Leben teilen, wenn wir füreinander da sind, auch in Trauer und Not, wenn wir uns gegenseitig das schenken, was wir zum Leben brauchen: Brot und Liebe.

Amen.

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