Der Klang der Königin
„Königin der Instrumente“ wird sie genannt, und dieses Jahr, 2021, ist sie zusätzlich auch noch zum „Instrument des Jahres“ ausgerufen worden: die Orgel. Ich liebe ihren Klang sehr – und ich hab ihn vermisst in Corona-Zeiten. Normalerweise hör ich die Orgel regelmäßig im Gottesdienst in der Kirche. Aber in den letzten eineinhalb Jahren war ich wegen der Pandemie selten in Präsenzgottesdiensten. Ich hab viel im Radio und Fernsehen mitgefeiert. Aber das ist nicht dasselbe. Vieles fehlt, die Gemeinschaft, das Raumgefühl – und eben auch der Raumklang der Orgel. Die Königin hat in einem großen, weiten Kirchenraum natürlich einen ganz anderen Auftritt als in meinem kleinen Wohnzimmer.
Der Klang der Orgel braucht Raum
Ich hab trotzdem auch in meinem Wohnzimmer öfter Orgelmusik aufgelegt in den letzten Monaten. Aufnahmen aus Frankfurt oder Mainz – und etliche auch aus Frankreich. In Frankreich ist meine Orgelleidenschaft so richtig groß geworden. Ich hab vor beinahe drei Jahrzehnten ein Auslandsstudienjahr in Paris verbracht. Und dort gibt es auf engem Raum unglaublich viele wunderbare, berühmte Orgeln und auch Organisten. In Saint Sulpice, Saint Eustache, Saint Germain-des-Près – und natürlich in der Kathedrale Notre-Dame. Als die Kathedrale im Frühjahr 2019 fast abgebrannt ist, war ich richtig erleichtert, dass immerhin die große Orgel wie durch ein Wunder erhalten geblieben ist. Und ich hab mir die letzte CD, die der Titularorganist Olivier Latry mit ihr aufgenommen hat vor dem Brand, gleich gekauft und höre sie oft, Bach aus Notre-Dame. Das fasziniert und tröstet, gerade auch in Krisenzeiten.
Die Orgel hat den Brand wie durch ein Wunder überstanden
Die Orgel ist so ein riesiges und vielfältiges Instrument, eigentlich ja ein ganzes Orchester mit den vielen unterschiedlichen Registern und Klangfarben. Sie kann flüstern und donnern, wie eine Flöte oder wie eine Trompete klingen. Für mich ist sie natürlich auch: eine Verkünderin des Glaubens. Sie steht vor allem in Kirchen. Und bevor ich sie in den großen Kirchenräumen von Paris so richtig lieben gelernt habe, hat sie mich auch schon in der Pfarrkirche meiner Kindheit berührt und geprägt. Wenn ich zu ihrer Begleitung Kirchenlieder geschmettert habe. Oder wenn der Organist zur Kommunionausteilung ein Stück von Bach spielte und mich damit in eine ganz besondere religiöse Stimmung bringen konnte.
Sie kann flüstern und donnern
Die Orgel ist für mich wirklich auch eine Mittlerin zu Gott. Ein Instrument, das nicht nur räumlich oft zwischen Erde und Himmel schwebt. Mit ihren Klängen und Melodien lässt sie mich Gott erleben. Sie bringt mir Gott und den Himmel ein Stück näher.
Sie berührt mich und bringt mit dem Himmel ein Stück näher
Ich freu mich sehr darauf, den Klang der Orgel bald nicht mehr nur in meinem Wohnzimmer, sondern auch wieder öfter im Kirchenraum zu hören. Mich von der Orgel berühren zu lassen. Von der Königin der Instrumente.