20 Jahre T-Aktie
Geld in Aktien anzulegen, ist wieder eine vielversprechende Option. Fast wie heute vor 20 Jahren, als die T-Aktie auf den Markt gekommen ist. Die meisten Deutschen hatten bis dahin noch nie Aktien besessen, aber jetzt schien die Zeit reif dafür. Mit klaren Appellen an die Gier der Sparer hatten die Wirtschaftsteile der Zeitungen die T-Aktie hochgejubelt. Die neue „Volksaktie“ sollte sie sein, volksnah wie Manfred Krug, der Ende Oktober verstorbene Schauspieler. Volksnah wie Kommissar Stöver im Tatort, wie der Anwalt in „Liebling Kreuzberg“, oder Franz Meersdonk in der Truckerserie „Auf Achse“. Darum hat man Manfred Krug für die Telekom-Werbung engagiert. "Wenn die Telekom jetzt an die Börse geht, geh’ ich mit", hat er damals im Fernsehen gesagt. "Sie könnten mir ja auch mal was nachmachen."
1,9 Millionen Privatanleger haben das getan und beim Börsengang heute vor zwanzig Jahren T-Aktien gekauft. Ich hab damals dieses Kribbeln auch gespürt und ein paar Aktien gezeichnet, einfach nur um dabei zu sein, dachte ich. Und: in die Telekommunikation zu investieren, das hatte ja nichts Verwerfliches. Vier Jahre später hatte die T-Aktie ihren Wert verdreifacht. War schon ein irres Gefühl, auch mal ein klitzekleines bisschen auf einer Börsen-Rakete zu sitzen. Halten war die Devise. Aber nur ein Jahr später ist die Aktie unter ihren Ausgabekurs gefallen und es hagelte Kritik: Schlechter Kundenservice, Stellenstreichungen bei der Telekom, mieser Börsenkurs.
Ich erinnere mich gut an das mitleidige Lächeln des Bankers hinter dem Tresen, als ich meine wenigen Aktien mit Verlust zurückgegeben habe. „Wer das Geld liebt, wird des Geldes nicht satt“. Der Satz aus dem Buch des Predigers Salomo (Pred 5,9) warnt davor, sich von der Gier anstecken und bestimmen zu lassen. Mir leicht gebranntem Aktienkind hat die Affäre mit der T-Aktie gezeigt, wie unschuldig sich Gier doch verkleiden kann.
Weil die Börsenrakete so unsanft gelandet ist, hat Manfred Krug damals gesagt: „Ich entschuldige mich aus tiefstem Herzen bei allen Mitmenschen,
die eine von mir empfohlene Aktie gekauft haben und enttäuscht worden sind“. Seine eigenen hat er behalten. „Als eine Art Selbstbestrafung“, wie er sagt. Ich ärgere mich heute weniger über meinen kleinen Verlust, sondern viel mehr darüber, dass ich auch auf die Verkleidung der Gier reingefallen bin.