Es hat gekracht
Es krachte in meiner Straße, ein Unfall mitten in der Nacht. Ich bin rausgerannt und es war mein Bruder. Der kam aus Südfrankreich mit einem geliehenen 7,5 Tonner. Nach der langen Fahrt hatte er ein Auto übersehen, das im Halteverbot geparkt war. Er wollte um die enge Kurve und sah zu spät das Auto stehen.
Halb drei in der Nacht. Einige Anwohner kamen auch durch das laute Krachen aus ihrem Haus. Auch die Halter von dem gerammten Auto im Halteverbot. Versicherungskarten wurden ausgetauscht. Fotos gemacht. Eine Nachbarin kam mit Kaffee raus. Sie sagte: „Ihr Bruder sah plötzlich so weiß aus“ Wir standen im Kreis und genossen den heißen Kaffee auf der Straße in der Nacht.
Völlig klar war: Es gab insgeheim einigen Ärger. Mein Bruder ärgerte sich schwarz über seinen Fehler. Zwei Minuten vor der Ankunft bei mir – so etwas. Wo er doch diese Straße schon zig mal gefahren war. Und der Unfallgegner mit und seinem zerbeulten PKW ? Er motzte nicht, sondern rauchte zum Kaffee eine Zigarette. Ich schätzte schon, dass er dachte: O Mann, die Wege zur Werkstatt, das nervige Ausfüllen vom Unfallbericht, überhaupt Papierkram. Zeit würde draufgehen.
Wir standen schweigsam, Kaffee in der Hand, als die Nachbarin in die Stille sagte. „Zum Glück ist niemandem was passiert. Und den Blechschaden, bei allem Ärger, den könnt Ihr Euch doch vergeben.“ Und sie schob nach: So stehts doch in der Bibel. Wir sahen sie an. Mein Bruder und der Falschparker nickten und lächelten.
Obwohl es keiner gesagt hatte, reichten sie sich die Hand. Ich bin mir sicher: Dieser Satz hat die ganze Situation gerettet. So wurde manch finsterer Gedanke erst gar nicht abgeschossen. Und man hat gar nicht erst angefangen mit Schuldzuweisungen. Ich könnte ja auch vergeben, bevor es mit all dem losgeht. In dieser Nacht mit dem großen Blechschaden hat es jedenfalls geklappt. Friedlich und versöhnt gingen wir auseinander.