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Musik

Ksenija Auksutat
Ein Beitrag von Ksenija Auksutat, Evangelische Pfarrerin, Stockstadt

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Neulich bekam ich so eine Postkarte, die statt Bild einen nachdenklichen Satz zeigt. Darauf stand die Frage: „Wo bleibt eigentlich die Musik, nachdem sie gehört wurde?“ Genau, wo bleibt eigentlich die Musik, wenn man sie gehört hat? Sie ist ja nicht greifbar, nicht sichtbar, man kann keine Menge bestimmen. Wir haben die Karte an die Pinnwand in der Küche gehängt.

Dann kam ein Junge zu Besuch, der die Karte entdeckte. Auf die Frage: „Wo bleibt eigentlich die Musik nachdem sie gehört wurde?“ hatte er eine Antwort: „Die Musik bleibt einem im Gedächtnis“, sagte er.
Stimmt: Musik bleibt einem im Gedächtnis, vielleicht sogar im Blut. Und sie bleibt in meinem Lebensgefühl.

Manchmal hört man so nebenbei im Radio eine Melodie und die bleibt einem den ganzen Tag im Sinn, ein Ohrwurm eben, wie man sagt. Mehr als viele andere Dinge, die wir tagtäglich sehen, lesen, schmecken oder mit vielen Worten bereden, erinnern wir Musik.

Musik ist ein Lebensgefühl. Neulich hatte meine Tochter ihren I-Pod irgendwo liegen lassen und musste am nächsten Tag ohne „Knopf im Ohr“ zur Schule gehen. Ein Tag ohne Musik. Sie jammerte darüber. Ich habe sie gefragt: „Was bedeutet dir eigentlich die Musik?“

Und sie meinte: „Musik macht mich irgendwie froh. Wenn ich Musik höre, dann überträgt sich die gute Stimmung auf mein Inneres. Dann ist alles irgendwie besser.“

Musik macht einen froh. Jedenfalls wenn man Musik hört, die man mag. Die Stimmung überträgt sich, man schwingt mit dem Rhythmus der Musik mit.
Ich glaube, das kennt jeder vom Radiohören mindestens. Oder Marschmusik zum Beispiel, spielt beim Militär bis heute eine wichtige Rolle. Oder früher wurde von den Frauen bei den langwierigen Arbeiten im Haushalt oder der Küche gemeinsam gesungen. Die Zeit verging schneller und die Arbeit war nicht mehr so schwer. Immer noch singen heute viele Millionen Menschen auf der Welt in Chören, weil es Ihnen so gut tut und sie so viel Spaß dabei haben.

Warum begeistert Musik eigentlich alle? Denn es gibt Musik in den unterschiedlichsten Rhythmen und Klängen ja auf der ganzen Welt, in jeder Kultur!

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Alle Kulturen der Welt haben Musik in irgendeiner Form. Forscher haben herausgefunden, dass uns - sogar für uns fremd klingende - Musik viel schneller nahe kommt als eine Sprache. Auch da gibt es ähnliche Intervalle, obwohl Tonfolgen und Harmonien natürlich sehr unterschiedlich klingen.
Vielleicht hängt es damit zusammen, dass Rhythmus uns vom Mutterleibe an prägt. Schon beim Ungeborenen ist der Hörsinn entwickelt. Das Baby hört den gleichmäßigen Herzschlag der Mutter. Auch der Atem hat einen bestimmten Takt. Sogar Geräusche von außen nehmen Babys im Mutterleib auf.

Und wie man sich bewegt, wie man arbeitet - vieles hat einen festen Rhythmus. So geht man in einem bestimmten Takt. Und wenn man bei einer Arbeit über längere Zeit die gleiche Bewegung wiederholt, kommt man in einen bestimmten Arbeitsrhythmus, man schüttelt oder sägt, man wäscht oder reibt, man mahlt oder schneidet immer im Takt.

Musik entsteht sozusagen von selbst. Durch die Rhythmen der Natur, durch den menschlichen Organismus, dadurch, wie man sich bewegt. Genauso kann Musik wieder auf den Körper zurückwirken. Herzrhythmus, Atmung und Schwitzen werden von Musik beeinflusst.
Sie kann sogar chemische Reaktionen im Gehirn anregen, zum Bespiel Dopamin, das so genannten Glückshormon.

Ein ruhiger Takt, eine Melodie ohne Widersprüche oder abrupte Sprünge macht gute Stimmung. Die Musik vermittelt: Es droht keine Gefahr, du kannst ruhig atmen, du kannst Dich entspannen.
Wilde Klänge dagegen erregen einen beim Zuhören, und auch das kann toll sein. Na klar, zum Beispiel bei Rockmusik. Da habe ich Lust, aufzubrechen, als würde es auf die Jagd gehen oder in einen Kampf, den man nun gemeinschaftlich bestehen will.

Und dann kommt Musik zusammen mit dem, was man fühlt. Was wäre eine Actionszene ohne hämmernde Metal-Klänge oder eine Liebesszene im Kino ohne zart schmelzende Geigenklänge? Was wäre ein großer Hollywoodfilm ohne den richtigen Soundtrack, was wäre die Tagesschau ohne die sie einleitende Fanfare, und was wäre ein Werbe- Spot ohne den passenden Jingle?

Das ist in den Religionen nicht anders. In fast allen gibt es Musik und Gesang. Bei Kirchenmusik in unseren Breiten denken viele zuerst an die Orgel. Aber Kirchenmusik ist viel mehr. Dieses Jahr 2012 wird das Jahr der Kirchenmusik, so hat es die Evangelische Kirche in Deutschland ausgerufen. Denn evangelische Kirche und Musik gehören zusammen. Die Reformation verbreitete sich auch über ihre Lieder. Luthers Choral: „Ein feste Burg ist unser Gott“ war und ist so etwas wie die Erkennungsmelodie des Protestantismus.

Und wer weiß denn schon, dass selbst weltbekannnte Hits im Kirchengesangbuch stehen?

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Manche Kirchenlieder sind echte Klassiker geworden. „Morning has broken“, das durch Cat Stevens weltbekannt wurde, ist zum Beispiel ein altes englisches Kirchenlied. Es findet sich mit deutschem Text „Morgenlicht leuchtet“ auch im Evangelischen Gesangbuch wieder (Evangelisches Gesangbuch Nr. 455).

Und „Der Mond ist aufgegangen“ von Matthias Claudius ist das bekannteste evangelische Abendlied (Evangelisches Gesangbuch Nr. 482). Das Lied erinnert daran, dass unser Leben eingebettet ist in die Ordnung der Schöpfung. Wenn der Wald schwarz und schweigend steht und der weiße Nebel wunderbar aufsteigt, kann man sich in Gottes Namen getröstet schlafen legen.

Noch viele Beispiele gibt’s, wie Kirchenmusik Menschen begleitet und tröstet, wie die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach zum Beispiel, die denen viel bedeutet, die leiden oder jemanden verloren haben. Andere Feste im Jahr sind ohne Kirchenmusik kaum denkbar. Christliche Lieder wie „Stille Nacht“ gehören für die meisten einfach zum Weihnachtsfest dazu.

Die Kirchenmusik ist darum auch in diesem Jahr wieder landauf, landab ein Renner. Nicht nur in den vielen Gottesdiensten, auch die vielen Konzerte in Kirchen finden großen Zuspruch. Und zum Glück wollen viele die Kirchenmusik nicht nur als Hörer genießen, sondern machen selbst mit.

Es gibt im Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau über vierhundert Bläserchöre mit Trompeten und Posaunen. Und mehr als 21.000 Menschen singen hier aktiv in Kirchenchören mit. Die Musik reicht dabei von klassischen Chorälen über Werke von modernen Liedermachern bis zum Gospel.

Wie in jedem anderen Chor spielt das Miteinander eine wichtige Rolle. Doch dazu kommt, dass sie gemeinsam weiter tragen, was diese Musik ihnen bedeutet, für ihr Leben, für ihren Glauben: das ganze Leben mit Höhen und Tiefen.

Ich freue mich, dass es in diesem Jahr in vielen Kirchen besonders viel gute Musik geben wird. Und ich miteinstimmen kann in die Freude darüber, dass Gott diese Welt auch im neuen Jahr trägt und hält.

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