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Papstbesuch – Seligsprechung
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Papstbesuch – Seligsprechung

Andrea Weitzel
Ein Beitrag von Andrea Weitzel, Katholische Schulseelsorgerin und Religionslehrerin, Hanau

Heute kommt der Papst nach Deutschland. Unter anderem wird er im Berliner Olympiastadion einen großen Gottesdienst feiern. Da werden Erinnerungen wach an einen ähnlichen Gottesdienst vor 15 Jahren. Damals sprach der vorherige Papst Johannes Paul der Zweite den früheren Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg selig.

„Selig sind die Friedfertigen“, hat Jesus gesagt. „Denn sie werden Gottes Kinder sein.“ Selig sind die Barmherzigen. Denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“

„Selig sind, die da Leid tragen. Denn sie sollen getröstet werden.“

Bernhard Lichtenberg jedenfalls war friedfertig und barmherzig. Und er setzte sich mutig für andere ein, auch wenn er für sich ein hohes Risiko einging.

Als katholischer Militärgeistlicher erlebte Lichtenberg die Schrecken des Ersten Weltkriegs. Nach Kriegsende begann er sich für den Frieden in der Welt zu engagieren. Er trat dem Friedensbund Deutscher Katholiken bei. Er protestierte gegen Machenschaften von rechtsextremen, paramilitärischen Gruppierungen. Er rief die Leute in seiner Kirchengemeinde auf, sie sollten sich den Anti-Kriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ ansehen.

Im Jahr, bevor die Nationalsozialisten die Macht ergriffen, wurde Bernhard Lichtenberg Dompfarrer an der Berliner St. Hedwigskathedrale. Als Pfarrer, der sich so deutlich für den Frieden eingesetzt hatte, war für die Nazis von vornherein suspekt.

Lichtenberg ließ sich nicht einschüchtern. Als er 1935 erfuhr, unter was für unmenschlichen Zuständen Häftlinge in Deutschland untergebracht und wie sie misshandelt wurden, beschwerte er sich offiziell und an höchster Stelle über den – wie er schreibt – „Terror in den Konzentrationslagern“.

1938 zündete der nationalsozialistische Mob in Deutschland die Synagogen an. Viele Menschen mieden nun Juden, teils aus Furcht, teils aus Abneigung.

Nicht so Lichtenberg. Er betete von nun an regelmäßig und öffentlich in der St. Hedwigskathedale für die Juden. Er unterstützte entrechtete und enteignete Juden finanziell, versteckte auch Juden bei sich zuhause.

In Berliner Häusern wurde ein anonymes Hetzblatt gegen die Juden verbreitet. Darin hieß es: Jeder Deutsche übe Verrat an seinem Volk, der aus angeblich falscher Sentimentalität die Juden unterstütze.

Lichtenberg hielt in seinen Gottesdiensten dagegen und rief aus: „Lasst euch durch diese unchristliche Gesinnung nicht beirren. Handelt nach dem strengen Gebot Jesu Christi: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Die Gestapo zögerte lange, den bekannten und beliebten Priester zu verhaften. Im Oktober 1941 zeigten zwei Studentinnen Lichtenberg nach einem Abendgebet in der St. Hedwig-Kathedrale an. SS-Männer verhaften ihn und verhören ihn 13 Stunden lang. Ihr Vorwurf: Lichtenberg stelle sich auf die Seite der Juden.

Der Dompropst bekannte das auch ganz offen. Im Laufe dieses Verhörs bot er sogar seinen Peinigern an, er könne als Seelsorger jüdische Verfolgte während ihrer Deportation in das Ghetto von Lodz begleiten.

Wegen Kanzelmissbrauchs und Vergehens gegen das Heimtückegesetz wurde Lichtenberg zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Unter den harten Haftbedingungen erkrankte er. Während seiner Deportation ins Konzentrationslager Dachau starb er unter nicht geklärten Umständen.

„Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden“, hat Jesus gesagt, „denn ihnen gehört das Himmelreich.“

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