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Die letzten Zivis
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Die letzten Zivis

Gabriele Heppe-Knoche
Ein Beitrag von Gabriele Heppe-Knoche, Evangelische Pfarrerin, Kassel

Mit der Entscheidung, ab Mitte dieses Jahres in Deutschland die Wehrpflicht auszusetzen, ist ein prägendes Kapitel der Militärgeschichte in Deutschland zu Ende gegangen. Aber wir verlieren damit auch eine wichtige Institution in unserer Gesellschaft: den Zivi. Millionen von Menschen haben von den Diensten der Zivildienstleistenden in unserem Land profitiert: alte Menschen, denen sie mittags ihr Essen auf Rädern brachten ebenso wie Kinder in Kindertagesstätten und Horten, die mit den Zivis ihren Spaß hatten. In Freizeiteinrichtungen, in Kirchengemeinden, Krankenhäusern und Altenheimen, bei unzähligen Fahrdiensten für Behinderte, bei Alten und Kranken sind sie kaum noch wegzudenken, die jungen Männer, die über Jahrzehnte unserer Gesellschaft einen besonderen und wertvollen Dienst erwiesen haben.

Sicher, sie waren dazu verpflichtet. Aber trotzdem haben sie, von Ausnahmen vielleicht abgesehen, verantwortungsvoll und freundlich ihre Aufgaben erfüllt, die wahrlich nicht immer einfach waren. Und manchmal ist ihnen auch ziemlich viel zugemutet worden. Denn mit 18 oder 19 Jahren ist man noch nicht so erfahren und abgeklärt, dass man mit jeder Situation in einem Pflegeheim oder im Krankenwagen ohne weiteres fertig wird. Aber nach meiner Erfahrung hat die Zeit des Zivildienstes für viele auch gute Seiten gehabt. Denn oft war noch gar nicht klar, wie es denn nach dem Schulende weitergehen sollte. Da war der Zivildienst eine Möglichkeit, sich erst einmal zu orientieren. Was will ich, was kann ich gut? Wo sind meine Stärken? Manch einer hat auch entdeckt, dass er Interessen und Kompetenzen hat, die ihm vielleicht vorher gar nicht so bewusst waren.

Der Sohn von Freunden hat von seiner Zivildiensterfahrung im Ausland Rundbriefe geschrieben. Wie schwer es ihm gefallen ist, die Alltagsdinge mit mehrfach geschädigten Kindern zu durchleben. Wie er innere Barrieren überwinden musste, welche Gedanken ihm dabei zu seinem eigenen Leben gekommen sind. Das hat mich sehr beeindruckt. Genauso wie manches Gespräch, das ich mit Zivildienstleistenden in unserer Einrichtung geführt habe über ihre Lebensplanung, oder wie sie ihre Arbeit bei uns und mit uns erleben.

Schade, wenn uns diese Erfahrungen durch das Ende der Wehrpflicht verloren gehen. Ob die Angebote der Freiwilligendienste künftig so attraktiv für viele sein werden, muss sich noch zeigen. Sicher ist: Wir haben den vielen Zivis zu danken für ihren Einsatz und sie hoffentlich auch für ein gutes gemeinsames Jahr.

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