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Judenstern

Judenstern

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Im jüdischen Museum in Berlin liegt ein schwerer, gelber Stoffballen. In regelmäßigen Abständen ist darauf ein sechseckiger Stern gedruckt. Darüber dick und in Buschstaben, die an die hebräische Schrift erinnern sollen, das Wort „Jude“. Heute vor 75 Jahren ist in Deutschland das Tragen des sogenannten Judensterns für alle jüdischen Menschen über sechs Jahren zur Pflicht gemacht worden. Der dicke gelbe Stoffballen lässt ahnen, wie viele deutsche Menschen so sichtbar diskriminiert worden sind.

Erfasste Vermögen, gekennzeichnete Läden, ein zusätzlicher Name, ein Stempel im Pass, all das war dem Judenstern schon vorausgegangen. Der gelbe Stern war ein nächster sichtbarer Schritt zum Holocaust, zum millionenfachen, am Ende industriell betriebenen staatlichen Mord. Es war nicht der Davidstern, dieses alte Symbol, das schon lange zur jüdischen Religion gehörte. Man hatte ein neues Zeichen erfunden: Den „Judenstern“, der Menschen als Teil einer angeblich minderwertigen Menschenrasse brandmarkt.

Die gelbe Farbe sollte für Geiz und Missgunst stehen und an die Pest im Mittelalter erinnern. Aber dem wirklichen Davidstern haben die nationalsozialistischen Mörder seine Kraft nicht nehmen können. Der wirkliche Davidstern ist für jüdische Menschen nach wie vor ein wichtiges Symbol ihrer Religion geblieben. Wie er immer noch seine religiöse Kraft entfalten kann, das hab ich mit Schulkindern ausprobiert: Bei einem Davidsstern aus Pappe haben die Kinder alle Ecken abgeschnitten, so dass vor ihnen auf dem Tisch schließlich sechs kleine Dreiecke und ein größeres Sechseck lagen. Dann haben wir im Gespräch miteinander nach etwas gesucht, das es sechsmal gleich und einmal anders gibt. Ziemlich schnell sind manche auf die sechs Werktage der Woche und den einen Sonntag gekommen.

Das ist eine Deutung des Davidsterns in der jüdischen Tradition. Er erinnert an den Sabbat, den arbeitsfreien Tag in der Woche. Er steht in der Mitte. Den einzuhalten ist eins der zehn Gebote, auch für Christen. Im Gespräch mit den Kindern hat sich schnell gezeigt: Für viele ist der eine arbeitsfreie Tag, die Chance mit allen in der Familie Zeit zu verbringen, längst nicht mehr selbstverständlich. Eine gute Idee fanden es aber alle. Judenstern oder Davidstern, da lohnt es sich genau zu unterschieden. So abscheulich das Zeichen des Judenstern damals war, so lebensfreundlich kann das Symbol des Davidstern heute sein.

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