Drängeln
Moderator/in: Wem gehen sie nicht auf die Nerven, die ewigen Drängler? Ob an der Supermarktkasse oder auf der Autobahn … Leute, die sich selbst einen Vorteil verschaffen wollen, sind unangenehm und fallen auf. Steffen Jahn von der Katholischen Kirche, du ärgerst dich gerade aber besonders über die Drängler beim Impfen?
Die Reihenfolge beim Impfen ist ja gerade überall DAS Thema. Die Einen bekommen Impfstoff angeboten und manche lassen ihre Termine ungenutzt verstreichen. Die Anderen würden sich gerne impfen lassen, sind aber noch nicht dran. Und den Dränglern, den kann es nicht schnell genug gehen. Das geht bis zu gefälschten Dokumenten und Geburtsdaten. Da entsteht gerade richtig viel Unmut in der Gesellschaft und auch bei mir.
Die Festlegungen zur Priorisierung sind auch sehr kompliziert. Wer ist besonders gefährdet, wer arbeitet in einem Beruf mit erhöhtem Risiko – möchtest du diese Entscheidungen treffen müssen?
Das stimmt natürlich, und NEIN, ich will diese Entscheidungen auch nicht treffen. Trotzdem möchte ich mich für einen fairen Umgang miteinander aussprechen – auch beim Impfen! Mir ist dabei das Leitwort des Ökumenischen Kirchentags in den Sinn gekommen, der am vergangenen Wochenende in Frankfurt stattgefunden hat: "schaut hin" (Mk 6,38) Das klingt fast wie ein Appell an alle Drängler: nicht nur sich zu sehen, sondern auch den Anderen im Blick zu haben.
Das ist ein schöner Gedanke, klingt aber eher nach einem frommen Wunsch ...
Klingt so, muss aber kein Wunsch bleiben. "'schaut hin" ist für mich ein Appell – an uns alle. Ehrlich hinschauen, wo vielleicht jemand bedürftiger ist als ich. Einander vertrauen, dass ich auch bald an der Reihe bin. Und gemeinsam handeln und Verantwortung übernehmen. Ich glaube, wenn wir uns das alle vornehmen, dann sind bald ganz viele vor dem Virus geschützt. Und die helfen damit wiederum ihren Mitmenschen. So kanns gehen – auch ganz ohne Drängeln.
