Gerda am Strand
Gerda sitzt mir am Tisch gegenüber. Sie ist schon etwas länger in der Reha-Klinik. Seit einigen Wochen braucht sie einen Rollator zum Gehen.
Gerda ist ein fröhlicher Mensch und heißt mich als Neuen gleich herzlich willkommen. Wir haben Glück, auch die beiden anderen am Tisch, Volker und Brigitte, sind nett.
Obwohl ihre Krankheit schlimmer geworden ist, trägt Gerda ein Lächeln im Gesicht. Wir erzählen uns, was wir in der freien Zeit so machen: Der tägliche Gang ans Meer, ob Ebbe oder Flut, Wind oder Sturm.
Gerda schafft das nicht mehr, nicht den ganzen Weg. Sie käme mit dem Rollator nicht mehr zurück. Am nächsten Morgen, beim Frühstück, frage ich Gerda, ob sie nicht doch Lust hätte, ans Meer zu kommen. Aber wie soll ich das machen, du weißt doch, der Weg ist mir zu weit. Ich erkläre ihr unseren Plan.
Volker und Brigitte, die beiden anderen und ich, organisieren zwei Autos. Der Rollator kommt mit und du, Gerda, fährst im offenen Cabrio zum Strand. Dort gibt es einen Steg, der nur so lang ist, dass du das schaffen kannst. Wir waren schon mal da. Der Steg ist mit dem Rollator begehbar, der Sand am Strand ist fest. Und wir alle kommen mit. Zur Not setzt du dich auf den Rollator und wir schieben dich zurück.
Ein Strahlen auf Gerdas Gesicht: Würdet ihr das wirklich für mich machen? Ja, klar. Und wir haben es gemacht.
Es war stürmisch und es war kalt, bis ans Meer sind wir gekommen und auch wieder zurück. Ein wunderschöner Nachmittag, für uns alle. Mit Kaffee und Kuchen beim Aufwärmen im Café.
Gute Ideen fallen vom Himmel. Viele bleiben unerledigt liegen. Manche tun wir ab als Hirngespinste. Ganz wenige trauen wir uns zu. Oft braucht es nur jemanden, der die guten Ideen aufsammelt. Und mit anderen anpackt. Und es braucht auch immer welche, die fragen: Würdet ihr das wirklich für mich machen? Und die es dann mit Freuden annehmen, was andere für sie tun.
