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Vom Geist der lebendigen Hoffnung
Bild: Pixabay

Vom Geist der lebendigen Hoffnung

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim

Peter Seifert war Langstreckenläufer. Im März 2011 wurde er beim Lahntallauf in Marburg in Rekordzeit Deutscher Meister über 50 km. Einige Tage später passierte der Unfall, der sein Leben völlig veränderte. Auf Lanzarote trainierte er für die Deutsche Meisterschaft im Ultralangstreckenlauf, überquerte beim Training die Straße und wurde von einem Auto erfasst. Er prallte mit dem Kopf auf und erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Peter Seifert überlebte. Doch aus dem Sportler wurde ein Pflegefall. Für die Menschen, die Peter Seifert nahestehen, war das ein großer Schock. Zum Beispiel für seinen Bruder Klaus, selbst Langstreckenläufer. Früher waren sie gemeinsam unterwegs, teilten die Leidenschaft für das Laufen. Als Klaus seinen Bruder Peter auf der Intensivstation das erste Mal wiedersah, konnte er sich kaum vorstellen, wie Peter den Weg zurück ins Leben finden sollte.

Alles hoffnungslos? Nicht für Klaus Seifert. Natürlich tat es ihm anfangs weh, seinen Bruder so zu sehen. Doch er spürte schnell: Das hilft keinem weiter. Er entschied: Ich möchte meinem Bruder, zusammen mit anderen Menschen, Mut machen. Ihm helfen, die Hoffnung und die Geduld nicht zu verlieren. Ich will mit ihm gemeinsam Schritt für Schritt gehen und neue Ziele formulieren: Eine Gabel halten. Wieder sprechen lernen. Aus dem Rollstuhl aufstehen. Später hat Klaus Seifert gestaunt, wie es weiterging. Sein Bruder hat sein Studium abgeschlossen, hat geheiratet und ist heute Vater einer Tochter.

Die Bibel ermutigt Menschen, den Glauben an das Leben nicht zu verlieren. In einer Stelle im Neuen Testament heißt es: „Seid immer bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand fragt, warum ihr so von Hoffnung erfüllt seid.“ Für den Verfasser dieser Zeilen war der Grund dieser Hoffnung: Jesus Christus hat sogar den Tod überwunden. Deshalb kann der Lebensmut von Christen stärker sein als Schicksalsschläge, Krankheiten oder Unfälle. Und er forderte die Menschen auf: Vertraut der Zuversicht, die Gott euch schenkt. Lebt so, dass alle anderen mitbekommen, welche lebendige Hoffnung in euch steckt.

Rede und Antwort zu stehen von der Hoffnung muss nicht heißen, ständig über die Hoffnung zu sprechen. Sondern kann heißen, den Weg des anderen Menschen tatkräftig zu begleiten, auch wenn die Hoffnung nur klein ist. Bei Peter und Klaus Seifert erfüllte sich vor kurzem sogar ein besonderer Herzenswunsch: irgendwann wieder gemeinsam Wettkämpfe zu bestreiten. Vor Monaten war das noch unvorstellbar, jetzt hat es geklappt. Klaus Seifert hat seinen Bruder bei dessen ersten Lauf nach dem tragischen Unfall begleitet. Zusammen sind sie die 10km-Runde gelaufen. Wieder in Marburg. Ein großer Moment für alle, die dabei waren.

Ich selbst frage mich: Wo begegnen mir Menschen, die meine Unterstützung brauchen? Und strahle ich dann Zuversicht aus, an der sich die anderen aufbauen können? Oder bin ich selbst nicht viel zu häufig pessimistisch? Verliere ich nicht viel zu schnell den Glauben daran, dass es Hoffnung gibt? Es muss ja kein 10-Kilometerlauf sein, um Rede und Antwort zu stehen von der Hoffnung, die mich erfüllt: Das geht auch mit viel kleineren, alltäglicheren Dingen. Damit andere Menschen diesen Geist spüren, der eine lebendige Hoffnung weckt.

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