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Momente der Stille im Alltag
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Momente der Stille im Alltag

Dr. Anke Spory
Ein Beitrag von Dr. Anke Spory, Evangelische Pfarrerin, Bad Homburg-Gonzenheim
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Ein Lied, das ich sehr gern mag, beginnt mit den Worten: Gott ist gegenwärtig, lasset uns anbeten und in Stille vor ihn treten. Den Text hat Gerhard Tersteegen verfasst. Heute vor 250 Jahren ist er gestorben. Tersteegen war ein großer Liederdichter, im Evangelischen Gesangbuch stehen einige Lieder von ihm, das bekannteste ist vielleicht „Ich bete an die Macht der Liebe“. Aber ich mag das am liebsten, wo es um die Gegenwart Gottes geht und um die Stille. Das war für Tersteegen Zeit seines Lebens ein Anliegen. Er war auf der Suche nach Gott. Er wollte Gott nah sein und er hat dazu einen Weg gewählt, den wir heute als mystischen Weg bezeichnen würden. Gerhard Teerstegen wollte Gott begegnen in der Stille, in der Einsamkeit und im Schweigen. Dazu hat er einiges auf sich genommen. Viele Jahre hat er einsam und abgeschieden gelebt. Bis ihm klar wurde: Wenn ich Gott nahe sein will, kann ich trotzdem anderen Menschen nah sein. Nur dann kann ich etwas von dem weitergeben, was ich erfahren habe. Gerhard Tersteegen hat also die Stille gesucht und trotzdem hat er sich der Welt zugewendet. Er hat zum Beispiel viele Briefe geschrieben, mit denen er andere getröstet hat. Er war an Naturmedizin interessiert und hat so manches Hausmittel gegen Krankheiten selbst zubereitet und es an andere weitergegeben.

Das fasziniert mich, wie Gerhard Tersteegen seinen Glauben gelebt hat. Er hat zurück gezogen gelebt, aber er war nicht weltfremd. Er hat versucht in Worte zu fassen, wie Gott ihm begegnet. Für ihn war wesentlich: Still werden, schweigen und dann hören, was Gott sagt. Daraus hat er Kraft geschöpft. So  konnte auf andere zugehen.

Mir ist das wichtig, weil ich manchmal ziemlich abgehetzt durch den Tag laufe. Denke an dies und das, was ich noch zu erledigen habe. Wenn mir dann die Zeilen von Tersteegens Lied einfallen: Gott ist gegenwärtig, lasset uns anbeten und in Stille vor ihn treten, dann merke ich: die Worte entschleunigen mich. Sie erinnern mich daran: Gut, wenn es Zeiten gibt, in denen ich ohne Absicht zur Ruhe kommen kann, wenn ich innehalte auf einer Parkbank oder einer Kirchenbank. Ich weiß, mir solche Momente zu nehmen ist nicht leicht. Gerade deshalb mag ich Gerhard Tersteegens  Lieder. Sie erinnern mich: Es ist wichtig, zur Ruhe zu kommen, auch mitten im Alltag.

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