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Dem Rad in die Speichen greifen
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Dem Rad in die Speichen greifen

Guido Hepke
Ein Beitrag von Guido Hepke, Evangelischer Pfarrer, Weilburg

Die Gewalt in Syrien nimmt kein Ende. Der Diktator Assad setzte Giftgas gegen die eigene Bevölkerung ein. Die USA starteten Mitte April Vergeltungsschläge, doch, wie viele meinten, ohne eine vernünftige politische oder militärische Strategie. Menschen sterben oder fliehen aus dem Land – jeden Tag.
Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein. Doch angesichts der Nachrichten aus Syrien frage ich mich schon: Was kann ich als einzelner tun?
Gegen das Gefühl der Ohnmacht hilft mir ein Blick zurück in unsere Geschichte. Als Hitler unser Land in eine Diktatur verwandelte, da haben die anderen Staaten auch erst einmal zugeschaut. Selbst als Hitler Polen überfiel und gemeinsam mit Stalin besetzte, passierte zunächst einmal nichts.
Viele Menschen damals müssen sich ähnlich ohnmächtig gefühlt haben – wie mir das heute mit Syrien geht.
Es hat furchtbar lange gedauert, bis sich die Weltgemeinschaft damals einig war. Aber dann hatten die Staaten einen Plan. Ich glaube, etwas Ähnliches würde sogar heutzutage in Syrien funktionieren.
Die Alliierten befreiten Deutschland vom Terror-Regime der Nazis. Als erstes sorgten sie für Ordnung und Sicherheit: Alle Waffen wurden einkassiert. So konnten sich keine Milizen oder Terrorgruppen bilden.
Außerdem erhielt Deutschland Hilfe für den Wiederaufbau. Denn Freiheit und Demokratie können leichter wachsen, wenn die Menschen Hoffnung haben auf eine friedliche Zukunft.
Das wichtigste: Gerade die jungen Leute lernten, was Demokratie und Freiheit bedeuten. Es war damals für viele etwas ganz Neues: .Zu sagen, was man denkt – und dabei jeden anderen respektieren, Glaubensfreiheit, Versammlungsfreiheit in den Parteien und in der Gesellschaft.
Der Dreischritt war die Grundlage: Konsequente Entwaffnung, Hilfe für den Wiederaufbau und Demokratie-Erziehung. So konnte aus den Ruinen einer zerstörten Diktatur eine lebendige Demokratie wachsen.
Was damals in Deutschland funktionierte, das könnte auch ein Plan für Syrien sein. Aber dazu braucht es Einigkeit in der Staatengemeinschaft.
Bei Hitler hat das Jahre gedauert. Geholfen hat damals, dass Menschen dieses Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit überwunden haben.
Dietrich Bonhoeffer ist für mich ein Beispiel dafür. Der evangelische Theologe protestierte schon 1933 gegen Hitler und seine Regierung. Im Radio sagte er: „Es reicht nicht, die Opfer zu verbinden, die unter dem Rad liegen. Man muss dem Rad selbst in die Speichen greifen.“
Bonhoeffer sprach damals im Radio. Menschen heute verfassen Leserbriefe. Oder sie sprechen mit den Nachbarn und Kollegen. Manche wenden sich an ihren Bundestagsabgeordneten oder engagieren sich bei Friedensinitiativen.
Auf vielfältige Weise können Menschen deutlich machen: Auch in Syrien muss dem Rad in die Speichen gegriffen werden. Das Land braucht endlich Frieden. Alle Waffen müssen eingesammelt werden. Wirtschaftshilfe und Demokratie-Erziehung sind die nächsten Schritte.
Alle Aktivitäten sind wichtig, um für den Frieden werben. Denn so kann das Gefühl der Ohnmacht überwunden werden – und die Einigkeit in der Weltgemeinschaft wachsen.
Mut macht mir ein Satz von Jesus: Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Söhne und Töchter Gottes heißen.“ (Mt 5,9)

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