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Die Zeit genießen
Bild: pixabay

Die Zeit genießen

Winfried Engel
Ein Beitrag von Winfried Engel, Katholischer Ltd. Schulamtsdirektor i. K. i. R., Fulda
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Manche Urlaubsbilder bleiben unvergessen. So auch der schlanke und spitz aufragende Turm der Dorfkirche, den ich von meinem Hotelfenster aus sah. Weiß getüncht mit einem grünen Dach gab er ein malerisches Bild ab vor der gewaltigen Bergkulisse im Hintergrund. An allen vier Seiten trägt er eine weithin sichtbare Uhr mit rotem Zifferblatt und goldenen Zeigern. Alle Viertelstunde erinnert ein heller Glockenklang an die verrinnende Zeit und zur vollen Stunde kann man an der Zahl der Schläge einer tiefer klingenden Glocke ablesen, was die Stunde geschlagen hat.

Früher waren solche Uhren im täglichen Ablauf unersetzlich: Kaum jemand hatte eine Uhr zu Hause, schon gar nicht trug man eine an seinem Arm mit sich herum. Die weithin sicht- und hörbare Uhr am Turm der Kirche sagte einem immer die Zeit. Beim Blick auf den Turm mit der Uhr kamen mir noch andere Gedanken. Die sich kaum sichtbar aber unaufhörlich drehenden Zeiger der Uhr machten mir klar, dass meine Zeit läuft, ja, dass sie im wahrsten Sinn des Wortes abläuft, unaufhaltsam.

Und dann dachte ich, dass ein solcher Hinweis gerade am Turm einer Kirche noch eine tiefere Symbolik haben könnte. Nicht nur, dass die Lebenszeit jedes einzelnen von uns langsam und stetig weitergeht, sondern dass der wie ein Finger in den Himmel ragende Turm auf das hinweist, worauf es im Leben eines Menschen ganz sicher ankommt: Auf den Sinn meines Lebens, auf seine tiefere Ausrichtung, wir Christen sagen auf Gott. Die unaufhaltsam verrinnende Zeit erinnert daran, dass mein Leben endlich ist. Sie stellt die Frage nach dem Sinn all meines Tuns, von dem ich keinen Augenblick festhalten oder wiederholen könnte. So hat dieser Kirchturm mit seiner Uhr mir nicht etwa den Urlaub verdorben, im Gegenteil, ich habe mich gefreut, dass mir diese Zeit voller schöner und guter Eindrücke geschenkt war.

 

Wenn ich jetzt einen Kirchturm mit einer Uhr sehe, werde ich an diese Gedanken erinnert – eine gute Erfahrung!

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