Fügung
„Ich habe nicht mehr an die Liebe geglaubt“, sagt Anna. Sie ist Anfang Dreißig, quirlig, erfolgreich auf ihrer zweiten Arbeitsstelle nach dem Studium. „Als meine letzte Beziehung in die Brüche ging, dachte ich: Okay, das war’s. Ich und die Männer, das soll nicht sein.“ Sie fand es gar nicht schlimm und hat sich eingerichtet, ein glücklicher Single zu sein mit einer ganzen Handvoll Patenkindern, die sie nach Strich und Faden verwöhnen kann.
„Und dann ist auf einmal Felix in mein Leben getreten“, strahlt sie. „Ich habe ihn nicht gesucht und doch gefunden. Ich bin sonst nicht so, aber da glaube ich: Es war Fügung. Es sollte so sein. Wir sind füreinander bestimmt. Klingt abgedroschen, aber so fühlt es sich an.“
Ich bin neugierig und frage Anna: „Wer oder was soll das bestimmt haben?“ „Hm“, überlegt sie. „Das Schicksal, das Universum könnte ich sagen. Aber das ist mir zu unpersönlich. Ich glaube schon an Gott und daran, dass Gott Gutes in meinem Leben bewirkt. Für die Liebe mit Felix bin ich jedenfalls unendlich dankbar.“
Das kann ich gut verstehen, wenn es um Liebe geht. Aber: Wirkt Gott nur das Gute? Was ist, wenn es einem schlecht geht? Eine Krankheit, ein großer Verlust – ist so etwas auch von Gott vorherbestimmt? Anna sagt: „Puh, schwierig. Letztlich schon, wenn Gott wirklich Gott ist und nicht nur Abteilungsleiter für die Glücksmomente im Leben. Aber bestimmt Gott, ob ich krank werde oder mir Schlimmes zustößt? Dann würde mein Leben wie nach einem Drehbuch verlaufen und ich wäre nur eine Marionette.“
Anna spielt mit dem Glas, das vor ihr auf dem Tisch steht. „Ich glaube, mir ist etwas Anderes wichtig“, meint sie schließlich. „Mir geht es um Gottes Nähe. Wenn es mir schlecht geht, will ich spüren, dass Gott mich nicht allein lässt. Und wenn ich überglücklich bin so wie mit Felix, dann möchte ich vor Freude Gott und die ganze Welt umarmen.“
