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Apfelkorb statt Aktenordner
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Apfelkorb statt Aktenordner

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Einen Korb voll Äpfel hat mein Freund Frank vor seiner Haustür gefunden. Seine Nachbarn haben ihn dahin gestellt, erzählt er. Einfach so, weil sie selbst so viele geerntet hatten, ein freundliches Zeichen guter Nachbarschaft.

Das mit der guten Nachbarschaft war nicht immer so. Als Franks Familie in das Haus eingezogen ist, haben sie im Keller bei den Unterlagen zur Heizung und zur Fernsehantenne in einer Kiste auch einen Ordner mit Gerichtsakten gefunden. Die Vorbesitzer hatten ihnen das zurückgelassen. Mit den Nachbarn hatten sie einen Prozess geführt über die Hecke, die die beiden Grundstücke trennt. Die Nachbarn wollten sie kürzer, damit mehr Sonne auf ihr Grundstück fällt, der Vorbesitzer wollte seine Hecke hoch und dicht. Schließlich war es dem Nachbarn zu viel geworden und er hat sie von seiner Seite aus zurechtgestutzt.

Als Frank eingezogen ist, hatte der Rechtsstreit um die Hecke einen ganzen Ordner gefüllt. Geklärt und gelöst war er nicht. Die Hecke war gewachsen und der Konflikt auch.

Mit seiner Frau war sich Frank einig: Sie wollen diesen Konflikt nicht erben. Sie wollen die Chance des Neuanfangs nutzen und versuchen, mit allen Menschen und besonders mit ihrem Nachbarn in Frieden zu leben

Beim Rasenmähen hat sich eine Gelegenheit ergeben: „Sagen Sie mal, wie wollen wir das denn mit der Hecke regeln?“, hat Frank den Nachbarn gefragt. „Ich kann sie nicht selbst schneiden. Weil sie so hart ist, wollte ich jemanden beauftragen, wie sehen Sie das denn?“

Da hat er erfahren, dass es dem Nachbarn gar nicht um die Höhe geht, sondern darum, dass sie regelmäßig geschnitten wird. Zweimal im Jahr haben sie vereinbart und als der Gärtner dann zweimal dagewesen war, war der Konflikt gelöst. Frank hat erlebt: Man muss Konflikte nicht erben. Das ist ein Zauber des Neuanfangs.

Als er den leeren Apfelkorb zu den Nachbarn zurückbringt, halten die beiden ein Schwätzchen und freuen sich darüber, wie gut allen eine gute Nachbarschaft tut. Den alten Aktenordner über den Streit um die Hecke hat Frank weggeschmissen.

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