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Thomas Mann, der Flüchtling aus Deutschland

Thomas Mann, der Flüchtling aus Deutschland

Christoph Wildfang
Ein Beitrag von Christoph Wildfang, Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain

Vor kurzem war ich im Buddenbrookhaus in Lübeck. Eine stolze weiße Barockfassade in der Altstadt. Es ist heute ein Museum, das Haus, das früher der Familie des Schriftstellers Thomas Mann gehörte. Dort kann man mit einem Hörer in der Hand die Stimme von Thomas Mann vernehmen. Ich klicke durch verschiedene Möglichkeiten, den Literaturnobelpreisträger im Original zu hören – und bleibe bei englischen Aufnahmen von Thomas Mann hängen. Es ist ein hartes „Denglisch“, ein Schul-Englisch mit starkem deutschen Akzent. Es sind Tonbandaufnahmen aus seinem Exil in den USA von 1941 bis 1952.

Thomas Mann, der Flüchtling aus Deutschland. Ich höre weiter zu und denke dabei an Flüchtlinge heute, die ich zu Hause im Taunus kenne und betreue. Wie eifrig viele die deutsche Sprache lernen, und wie schwer das für viele ist. Für den deutschen Schriftsteller Thomas Mann war es mit der englischen Sprache nicht leicht. Anfangs bestimmt besonders schwer für ihn als Dichter mit seinen langen geschachtelten wohlüberlegten Sätzen in seiner Muttersprache Deutsch. Wie schwer muss es sein, wirklich im Exil, ganz woanders anzukommen. Zwar in Sicherheit. Doch die Seele, die Sprache, die Kunst des Schreibens, steckt weiterhin zu Hause.

Was nicht mehr sein Zuhause war. Verjagt, verfemt, bedroht. In seinem Heimatland, wo er die deutsche Sprache kunstfertig in seinen Romanen verewigt hat. Wie in den Buddenbrooks schon 1901, für die er ja den Nobelpreis bekommen hat. Ich versuche diesem Flüchtling Thomas Mann fernab von zu Hause nachzuspüren. Haben das freundliche Menschen um ihn herum verstanden? Wie das ist. So weit weg. Geflohen zu sein. Vieles so ganz anders. Weit weg von Zuhause.

Ich denke daran, wie schwer muss es sein, ganz woanders neu anzufangen. Und dass die Sprache auch eine Heimat ist. Und wie es ist, eine neue lernen zu müssen, lernen zu können, auch wenn man vielleicht schon älter ist. Ich werde den Flüchtlingen, die wir im Taunus betreuen, erzählen, was ich im Buddenbrookhaus erlebt habe.

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