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Ticktack, ticktack
Bild: Pixabay

Ticktack, ticktack

Alexander Matschak
Ein Beitrag von Alexander Matschak, Medienkoordinator des Bistums Mainz
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Bei meiner Oma am Esstisch hing immer eine große Wanduhr. Sie hatte ein braunes, kastenförmiges Gehäuse und ein großes Zifferblatt mit römischen Zahlen. Hinter einer Glastür konnte ich immer das Pendel hin- und herschwingen sehen, dazu war ein ziemlich deutlich vernehmbares Ticktack, Ticktack zu hören. Die Uhr hatte ein mechanisches Werk, und alle paar Tage musste meine Oma sie mit einem Schlüssel aufziehen, sonst blieb sie stehen.

Die Erinnerung an meine Oma

Was mir als Kind immer besonders gefallen hat, war der Stundenschlag: Jeweils zur halben und zu vollen Stunde tönte durch Omas Wohnung ein wohlklingendes, voluminöses Ding-Dong. Was man dieser relativ kleinen Uhr gar nicht zugetraut hätte. Meine Oma ist schon viele Jahre tot, und heute hängt diese Uhr bei meinen Eltern. Aber wenn der Glockenschlag ertönt: Dann habe ich meine Oma vor Augen. Diese Uhr hält die Erinnerung an sie wach.

Die Zeit rast immer schneller

Heute, am vorletzten Tag des Jahres, da denke ich ganz besonders an Omas Uhr. Natürlich auch, weil jetzt schon wieder ein Jahr zu Ende geht. Das Pendel schlägt und die Zeit vergeht, ticktack, ticktack. Und ich frage mich: Mensch, wo ist 2021 bloß geblieben? Je älter ich werde, desto mehr habe ich das Gefühl: Die Zeit rast immer schneller dahin. Als Kind, da kamen mir beispielsweise die sechs Wochen Sommerferien schier unglaublich lang vor. Eine Zeit, die fast gar nicht zu Ende zu gehen schien. Heute habe ich mehr und mehr das Gefühl: Die Monate und Tage zerrinnen zwischen Familie und Beruf, Haus und Garten, dazwischen ein bisschen Urlaub und ab und zu mal Freunde treffen. Die Zeit schreitet unerbittlich voran – ticktack, ticktack.

Kleine Ruhezeiten einplanen

Im neuen Jahr: Da will ich mir in der Hektik des Alltags ein paar Ruhepunkte schaffen. Dazu gehört ein kurzes Gebet am Morgen, dazu gehört – wenigstens zehn Minuten am Abend – ein Blick in ein Buch, um ein paar Seiten zu lesen. Und auch ein Blick in die Bibel finde ich immer ganz hilfreich. Ich denke da an eine Stelle aus dem Alten Testament. Alles hat seine Stunde, heißt es dort im Buch Kohelet. Es ist ein wunderbarer Text, finde ich. Er lautet: „Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit. Eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben, eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Abernten der Pflanzen, eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen, eine Zeit zum Niederreißen und eine Zeit zum Bauen, eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz.“ (Kohelet 3,1) Diese Bibelstelle sagt mir: Ja, die Zeit meines Lebens verrinnt – ticktack, ticktack. Und das Leben ist so: Es gibt hektische Tage und ruhige Tage, Tage zum Arbeiten und Tage zum Ausruhen, du kannst das annehmen – und kannst dir auch selbst kleine Ruhezeiten vornehmen im neuen Jahr. Und die Uhr, die schlägt: Sie hetzt mich nicht nur, sie erinnert mich auch daran, Pausen zu machen. Und sie erinnert mich an liebe Menschen – wie meine Oma.

 

 

 

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