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Mut zum Sprung
Bild: Pixabay

Mut zum Sprung

Gudrun Olschewski
Ein Beitrag von Gudrun Olschewski, Evangelische Pfarrerin, Pfungstadt

Stufe für Stufe geht es höher. Wie hatte ich das nur so leichtfertig sagen können: „Ich springe da oben runter vom Zehn-Meter-Brett.“ Prompt wollen sie es sehen, meine Freundinnen, mit denen ich im Schwimmbad bin. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich muss es tun: Stufe für Stufe geht es höher: „Wäre es nicht besser umzukehren?“, geht es mir durch den Kopf. „Ich trau mich“, hatte ich ihnen voller Zuversicht gesagt und merke jetzt: Ein bisschen Protzerei war schon dabei.

Voller Erwartung schauen nun alle nach oben. Feuern mich an: „Nun mach schon.“ Da kann ich nicht zurück und will es auch nicht. Oben angekommen, zögere ich einen kurzen Moment, schaue noch mal nach rechts und nach links. Doch je länger ich warte, desto größer wird der Kloß im Hals und die Sehnsucht, umzukehren zur Treppe hinten am Turm. Ich nehme all meinen Mut zusammen und springe.

Den Mut zum Sprung brauche ich auch in ganz anderen Momenten. Zum Beispiel, wenn etwas Schwieriges oder Widersprüchliches in meinem Leben geschieht. Dann geht es mir manchmal wie oben auf dem Zehn-Meter-Brett. Stets brauche ich all meinen Mut, um der Angst entgegenzuwirken. Tollkühnheit gibt es auch, gewiss. Ich möchte schon abwägen zwischen dem, was als sportliche Aktivität sinnvoll ist und dem, was ich ruhig anderen überlasse, die trainierter sind als ich.

Ich möchte die Gefahr sehen können – und dann auch die Kraft finden, einfach „nein“ zu sagen, zurückzugehen, hinunterzusteigen auf der Leiter. Mein stilles Gebet vor dem Sprung haben meine Freundinnen damals im Schwimmbad ja erst einmal nicht mitbekommen: „Gott, ich bin keine Heldin, hier ist meine Angst, ich gebe sie dir. Amen“ Und dann bin ich gut unten im Wasser angekommen – und auch wieder aufgetaucht.

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