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Lernen für das Leben
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Lernen für das Leben

Till Martin Wisseler
Ein Beitrag von Till Martin Wisseler, Evangelischer Pfarrer, Langenselbold
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In der Schule unterrichte ich Evangelische Religion. Den Unterricht versuche ich so attraktiv wie möglich zu gestalten. Aber manche Themen sind so sperrig, dass die Schülerinnen und Schüler den Sinn nicht sofort erkennen. So ist es auch in anderen Fächern. Es gibt Situationen, da würden sie ihr Heft am liebsten zuklappen und alles hinschmeißen. Ich kann das gut nachvollziehen. Als Schüler ging mir das auch manchmal so. In solchen Fällen haben meine Eltern gesagt: „Manche Dinge im Leben müssen sein, da gibt es keine Alternative. Du lernst für das Leben, nicht für die Schule.“ - Wirklich verstanden habe ich das damals nicht; dafür fehlte mir natürlich die Lebenserfahrung. Aber das Gefühl, dass sie die Situation anerkennen und ich mit meinem Problem nicht ganz alleine war, hat mir gutgetan.

Heute sage ich meinen Kindern und meinen Schülern das Gleiche: „Manche Dinge im Leben müssen sein, da gibt es keine Alternative. Du lernst für das Leben, nicht für die Schule.“ Ich sage das mit gutem Grund, weil ich weiß, wie wichtig die Schulbildung ist. Wer ausgebildet ist, ist selbständiger, unabhängiger und freier. Auch aus diesem Grund gibt es ja die Pflicht, in die Schule zu gehen. Die Schulpflicht ist übrigens ein wichtiges Erbe der Reformationszeit. Damals hieß: Jeder soll in der Lage sein, die Bibel zu lesen, Reiche und Arme, Jungen und Mädchen; alle soll es können, damit sie nicht abhängig sind von Vermittlern, die ihr eigenes Interesse verfolgen.

So ist es auch heute: Wir lernen, damit wir uns selber ein Bild von Gott und der Welt machen können. Nur wer in der Lage ist, selber zu denken und zu urteilen, kann unabhängig sein von Demagogen, die uns ihre einfache Weltsicht aufzwingen wollen. Dass unser Sozialsystem angespannt ist, hat viele Gründe und es liegt nicht allein an den Menschen, die in den letzten Jahren dazu gekommen sind! Manche Dinge im Leben müssen sein, da gibt es keine Alternative. Darum lernen wir. Für einen guten Zweck: Für das Leben.

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