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Manche Grenzen sind dafür da, dass du in Frieden in ihnen leben kannst
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Manche Grenzen sind dafür da, dass du in Frieden in ihnen leben kannst

Ein Beitrag von Helwig Wegner-Nord, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Das Leben der Menschen, so könnte man sagen, ist ein Leben in Grenzen. Johann Kaspar Lavater, ein evangelischer Theologe aus der Schweiz hat vor 200 Jahren die Situation spöttisch so beschrieben:

„Der Mensch ist frei wie der Vogel im Käfig; er kann sich innerhalb gewisser Grenzen bewegen.“ Auch wer das Bild vom Vogelkäfig für überzeichnet hält, weiß, dass Grenzen das ganze Leben eines Menschen umgeben.

Es liegt auf der Hand, dass uns das nicht besonders gefällt. Grenzen sind doch dazu da, überwunden zu werden, zumindest ausgeweitet. So wie ich bin, muss ich doch nicht bleiben, oder? Es kann doch nicht Gottes Wille sein, dass ich wie ein „Vogel im Käfig“ sitze und das bessere Leben nur durch die Gitterstäbe sehe, aber nie erreiche!

Wer zu sehr an seinen Grenzen leidet, gerät leicht in eine Haltung, dass er sich selbst nicht so mag, wie er ist. Die Dicken wollen dünner sein. Die weniger Starken leiden, weil sie sich erfolglos finden. Und wer eigentlich am liebsten zu Hause auf dem Sofa sitzt, schämt sich, dass er nicht längst zu einer Reise in die Fremde aufgebrochen ist. Bin ich wirklich schlechter, unsportlicher, erfolgloser, als es mir möglich wäre?

Eine Ordensschwester aus Wien hat neulich in einem Interview gesagt: „Grenzen sind nicht nur dafür da, dass du sie ausweitest, sondern manche Grenzen sind dafür da, dass du in ihnen in Frieden leben kannst.“

Der Satz setzt dem ständigen Veränderungsdruck eine andere Sichtweise entgegen. Während die Aufforderungen nach Selbstoptimierung, nach Aufbruch aus den gefühlten Grenzen mich an mir selbst leiden lassen, sagt diese Frau: Du darfst mit dir zufrieden sein, so wie du bist.

Das ist ja auch der Blick Gottes auf dich. Er nimmt dich so wie du bist. Also frag nicht so viel danach, was und wie du glaubst sein zu müssen. Sondern fang an, Dich mit dir selbst anzufreunden. In einer guten Freundschaft nörgelt man doch auch nicht ständig am anderen herum. Ich nehme den anderen so, wie er ist. Ich kenne die Macken und Schwächen. Und akzeptiere sie – weil wir ja befreundet sind.

So kann ich auch mein eigener Freund werden, ja mich sogar richtig gernhaben. Und mich so, wie ich bin, gut finden. Wie hieß das? „Manche Grenzen sind dafür da, dass du in ihnen in Frieden leben kannst.“
 

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