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Ehrlich währt am längsten?
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Ehrlich währt am längsten?

Simone Twents
Ein Beitrag von Simone Twents, Katholische Dezernetin für Glaubenskommunikation und Pastorale Innovation, Fulda
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Letzte Woche war ich eingeladen, vor Studenten zum Thema Ehrlichkeit zu sprechen. Wenn ich als die dastehe, die über Ehrlichkeit spricht, dann habe ich mir gedacht: Ui, wie ehrlich bin ich denn eigentlich? Mit meinen Illusionen, die ich mir so über mich selber mache, damit ich vor mir selber gut dastehe. Dann habe ich auf Jesus geguckt und das Evangelium quergelesen, und mir kam die Erkenntnis: Mann, Jesus, du bist aber extrem ehrlich! Du haust es raus! Da musst du dich nicht wundern, dass du so viele Schwierigkeiten bekommen hast. Du hast den Finger zielsicher auf die Wunde gelegt, Leute als Heuchler bezeichnet, Ausflüchte aufgedeckt. Was heißt denn das für mich eigentlich als Christin, die auf diesen Jesus bezogen ist? Wie wird das denn konkret?

Mein Papa ist so ein Mensch, bei dem Ehrlichkeit und Geradheit konkret geworden sind. In seinem Geschäftsleben als Vermögensberater sagte er immer: "Steuerhinterziehung ist wie in die Hose machen. Erst ist es schön warm, dann wird es unangenehm und am Schluss brennt es." Er hat es sehr treffend auf den Punkt gebracht, finde ich. Der kleine Betrug, die kleine Unehrlichkeit fühlt sich zunächst angenehmer und leichter an.

Das, was ich denke zu verbergen. Das, was ich sage, noch dreimal daraufhin zu überprüfen, was denkt wer dazu und wer reagiert wie auf was. Und das was ich tue: Ach, wenn‘s doch meinen Vorteil bringt und es keiner merkt …

Es ist tatsächlich wie mit dem in die Hose machen: Am Anfang scheint es leichter. Es ist schön warm. Dann wird es aber immer unangenehmer. Mit der Ehrlichkeit ist es anders herum: Sie ist erst das Schwierigere und Unangenehmere. Ich muss mich dazu überwinden. Gleichzeitig ist sie langfristig das Bessere, das Heilende, das Aufbauende. Das, was mich in meiner Persönlichkeit weiterbringt.

Also doch lieber auf die schöne warme Hose verzichten und durch das Unangenehme durch, um zum Besseren zu kommen. Wie Jesus.

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