Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Jodeln und Zungenrede
Bildquelle: pixabay

Jodeln und Zungenrede

Dr. Ansgar Wucherpfennig
Ein Beitrag von Dr. Ansgar Wucherpfennig, Jesuitenpater, Professor für Neues Testament an der Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt
Beitrag anhören:

„Holleri du dödl di, diri diri dudl dö“. Das ist der Beginn des Erzherzog-Johann-Jodlers, mit dem man das Jodeldiplom besteht. Dieser Jodler enthält jede Menge Tücken und Fallen für Versprecher. Das Jodeldiplom stammt aus einem Sketch des Karikaturisten Loriot, alias Vicco von Bülow. An sich ist Jodeln ein Singen ohne Text, und welche Lautsilben man dabei singt, ist nicht so entscheidend. Das Besondere am Jodeln ist der Wechsel zwischen der Brust- und der Kopfstimme. Wer jodeln kann, kann mit der Kopfstimme sehr hohe Töne singen oder große Tonsprünge machen, zum Beispiel bei einem Jodeljauchzer.

Verständigung mit jodelndem Singsang

Die Bibel spricht an einigen Stellen vom Zungenreden. Als die Gemeinden in Korinth zusammenkamen, haben Frauen und Männer in Zungen geredet. Man hat sich das in der modernen Bibelauslegung manchmal so zu erklären versucht: Zungenreden sei ähnlich wie Jodeln, nur gesprochen oder als eine Art Singsang, aber ohne einen verständlichen Text.

Die Jünger sprechen unseren Sprachen

Auch beim Pfingstfest haben die Jüngerinnen und Jünger Jesu in Zungen geredet. Im Griechischen heißt „mit der Zunge Reden“ glossa lalein. Das griechische Wort für Zunge bedeutet aber auch „Sprache“, und dann meint der Ausdruck, in anderen Sprachen zu sprechen. Davon ist in der biblischen Erzählung vom Pfingstfest die Rede. Die Bibel zählt eine lange Liste von Völkern auf. Menschen aus allen Teilen der Welt hatten sich in Jerusalem versammelt. Einige davon gibt es heute nicht mehr, zum Beispiel Parther, Meder, Elamiter. Andere gibt es immer noch: Bewohner Asiens, Libyer, Römer, Kreter und Araber. Alle diese Menschen sagen: „Wir hören die Jünger in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden.“ (Apg 2,11) Das war sicherlich ein großes buntes Sprachen-Allerlei.

Die aufgezwungene Sprache der Sieger

Welche Sprache gesprochen wird, ist auch eine Frage politischer Macht. Besiegte Völker werden gezwungen, die Sprache der Sieger anzunehmen. Bis heute. Einige Jahre habe ich mit Lateinamerikanern zusammengelebt, die es immer als eine Zumutung empfanden, wenn wir in der Gemeinschaft Englisch sprechen sollten. Denn Englisch war für sie die Sprache der US-amerikanischen Supermacht.

Eine Sprache, die alle verstehen

Auch damals zu Pfingsten hätte man eine Verkehrssprache finden können. Griechisch wäre seit Alexander dem Großen in Israel die Sprache der Sieger gewesen. Aramäisch sprach man in Jerusalem. Auf diesen Sprachen hätten sich wohl alle irgendwie verständigen können. Aber so war es nicht. Beim Pfingstfest konnten sich alle in ihrer Muttersprache verstehen.

Oder doch erst das Jodeldiplom machen?

Das wird wohl erst am Ende der Zeit wieder so sein. Bis dahin müssen wir uns anders behelfen. Man kann sich auch ohne Sprache verstehen, zum Beispiel mit einer Umarmung oder, wenn man sich ein Stück Schokolade teilt. Wenn etwas Zeit ist, wäre auch eine lustige Möglichkeit, für das Jodeldiplom zu üben. Das könnte man auch in verschiedenen Sprachen, und dabei gäb es etwas zu lachen, und auch damit versteht man sich. „Holleri du dödl di, diri diri dudl dö“

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren