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Wenn der Mond zum Gleichnis wird

Wenn der Mond zum Gleichnis wird

Ein Beitrag von Frank Fornacon, Pastor evangelische Freikirche

Die Nächte sind längst nicht mehr, was sie einmal waren. Künstliches Licht überall. Es wird in manchen Städten nie mehr richtig dunkel. Kein Wunder, dass der Mond nicht mehr so viel bedeutet wie zu früheren Zeiten. In Konkurrenz zu Halogen und Neonlicht hat er viel von seinem Zauber einbüßt.

Ganz anders war das, als Matthias Claudius den Mond besang. Im späten 18. Jahrhundert dichtete er: „Der Mond ist aufgegangen. Die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar. Der Wald steht schwarz und schweiget, und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar.“

Das silberne Mondlicht über den taunassen Wiesen, der Kontrast der Schatten, die der Wald wirft. All das scheint dem Dichter wunderbar.

Wenn heute Eltern ihre Kinder mit diesem Lied in den Schlaf singen, dann träumen sie selbst vielleicht von der eigenen Kindheit, als ihre Mutter das Abendlied gesungen hatte, und was sie damit weitergesagt hat: Auch im Dunkel sind wir nicht allein. Der Mond ist ein guter Freund der Menschen. Während sie schlafen oder sorgenvoll wach liegen, zieht er in aller Ruhe seine Bahn. So wie der Mond die Nacht hell macht, so ist Gott auch im Dunkeln nicht fern.

Der Autor des Liedes, Matthias Claudius, wurde 1740 in Reinbek geboren, studierte Theologie und Jura, arbeitete dann aber als Journalist und freier Schriftsteller. Er starb 75jährig heute vor 200 Jahren in Hamburg und wurde in Wandsbek begraben. Dort hatte er die längste Zeit gelebt

In seinem Abendlied wird der Mond zu einem Gleichnis, wenn es heißt: „Seht ihr den Mond dort stehen? – Er ist nur halb zu sehen, Und ist doch rund und schön! So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehn.“  Damit wandte sich Claudius gegen jene Zeitgenossen, die in Folge der Aufklärung meinten: „Ich glaube nur, was ich sehe“. Wenn schon in der Natur manches verborgen ist, obwohl es doch existiert, dann gilt erst recht: Gott ist da, auch wenn man ihn nicht sehen kann.

Er geht mit den Menschen durch das Leben, wie der Mond sie durch die Nacht begleitet. Behütet von Gott kann der Mensch ohne Angst leben. Auch im Dunkeln steht Gott ihm bei. Was für die finstere Nacht gilt, hat auch Bedeutung für dunkle Phasen des Lebens.

Matthias Claudius nannte sich selbst den Wandsbeker Boten. Das war zum Einen der Titel seiner Zeitschrift, für die arbeitete. „Der Wandsbeker Bote“ war aber auch sein Programm. Er wollte Gottes Bote sein, der den Menschen die Angst nimmt, vor dem Dunkeln der Nacht und auch vor Gott selbst. Das Abendlied wird schließlich zu einem Gebet:

„Verschon uns, Gott, mit Strafen und lass uns ruhig schlafen und unsren kranken Nachbarn auch.“

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