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Stell Dir mal vor …!
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Stell Dir mal vor …!

Dr. Marco Bonacker
Ein Beitrag von Dr. Marco Bonacker, Katholischer Leiter der Abteilung Bildung und Kultur im Bischöflichen Generalvikariat Fulda
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Vor ziemlich genau 50 Jahren veröffentlichte John Lennon seinen Superhit "Imagine". Das Lied steht wie kaum ein anderes für den Traum von einer friedlicheren Welt ohne Konflikte und Kriege. Kein Wunder, dass es so eine Art Hymne der Friedensbewegung geworden ist. Und auch sonst hat Imagine den Status einer allgemein akzeptierten Botschaft für alle Menschen erreicht, wenn es etwa bei der Eröffnungsfeier der diesjährigen Olympischen Spiele gesungen wird. Und es stimmt schon: Es ist nur schwer möglich, sich dem eingängigen Song in C-Dur zu entziehen, so einfach genial wie er ist. Im Refrain heißt es sinngemäß: "Du kannst sagen, ich bin ein Träumer, aber ich bin nicht der einzige, ich hoffe, eines Tages schließt du dich uns an, und die Welt wird eins sein."

John Lennon singt gegen Nationalismus, gegen Armut, Gier und Hunger an und das völlig zu Recht. Es ist eine Utopie, die John Lennon hier beschwört, aber eine, die völlig im Hier und Jetzt bleibt. Denn das Lied hat auch noch eine unüberhörbar andere Seite: Es wendet sich gegen die Vorstellung eines Himmels, einer Hölle, gegen Religion überhaupt: "Stell dir vor, so heißt es in der ersten Strophe, es gibt kein Himmelreich, es ist einfach, wenn du es versuchst. Keine Hölle unter uns und über uns nur der Himmel. Stell dir all die Menschen vor, die nur für das Heute leben."

Imagine ist damit so etwas wie eine Hymne des säkularen Humanismus, die Lennon hier vorlegt. Sie ist getragen von der Hoffnung, dass ohne Religion alles besser würde.

Für diese Hoffnung gibt es mit Blick auf das 20. Jahrhundert natürlich wenig Anlass. Gerade diesseitigen anti-religiösen politischen Utopien wie der Kommunismus oder der Nationalsozialismus haben das Grauen produziert, das wir noch heute verarbeiten müssen. 

Ich bin, anders als John Lennon, froh, dass es den Glauben an den Himmel gibt und dass Christen damit die Hoffnung auf eine Ewigkeit verbinden können. Ich bin auch froh, dass durch die christliche Botschaft klar geworden ist, dass die Menschheit sich nicht selbst retten muss. Viel mehr sind wir von der Liebe des Vaters getragen, die uns vorausgeht. In einem berühmten Beatles-Interview sagte Lennon: "Das Christentum wird verschwinden. Es wird sich auflösen und davonmachen." Damit hat er nicht recht behalten. Denn bis heute gibt es Menschen, die von der Hoffnung getragen sind, dass wir alle Kinder Gottes sind. Dass wir alle dazu berufen sind, die Liebe Gottes in die Welt zu tragen. So ist das Christentum in vielen einzelnen Menschen in den letzten 2000 Jahren wirksam geworden als Botschaft des Friedens, der Versöhnung und der Hoffnung auf Vollendung. Und so wird es auch in Zukunft sein. Stell dir mal vor, könnte man John Lennon entgegnen, immer mehr Menschen würden aus diesem Bewusstsein heraus leben. Wir wären dem Frieden ein gutes Stück näher. 

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