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Herr Wohl ergeht sich
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Herr Wohl ergeht sich

Ein Beitrag von Dr. Christine Lungershausen, Evangelische Pfarrerin, Eschborn
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Ich mag das Wort Wohlergehen. Es klingt ein bisschen altmodisch, aber warm und feierlich: Möge es dir wohlergehen!

Was ist "Wohlergehen" eigentlich?

Was ist das eigentlich? Wie geht es mir, wenn es mir wohlergeht? Ich mache ein Gedankenspiel und befrage das Wort: „Wer sind Sie?“ „Gestatten. Wohl-Ergehen“, sagt er zu mir. Vor meinem inneren Auge sehe ich: Herr Wohl ergeht sich am Strand. Die Füße streifen durch den warmen Sand. Eine Meeresbrise lässt Herrn Wohl wohlig ausatmen. Herr Wohl setzt sich auf einen Felsen am Meer. Die Zehen ragen gerade so übers Wasser, ab und an schwappt eine Welle über die Zehenspitzen und kitzeln Herrn Wohl.

Was braucht man wirklich zum Leben?

Herr Wohl macht eine Kur. Er habe zu viel gearbeitet und zu viel gegessen, haben die Ärzte gesagt. Er sei zu gesetzt. Nun soll er sich bewegen, in Schwung kommen. Und vor allem überlegen, was er wirklich zum Leben braucht. Wie man das so macht in der Kur.

Eine lange Liste entsteht

„Was brauche ich“, fragt sich Herr Wohl, „damit es mir wohl ergeht?“ Er fängt an aufzuzählen: „Warm in allen Zimmern, drei Urlaube im Jahr, Eis im Überfluss…“ Seine Liste wird immer länger. Aber ihm wurde ja aufgetragen, sich selbst kritisch zu fragen: Was brauche ich wirklich? Und so macht er an vieles ein Fragezeichen: „Brauche ich das wirklich? Wie würde es sich ohne anfühlen?“ Vieles fliegt wieder von der Liste herunter. Herr Wohl wird müde. Er legt die Liste weg und beginnt am Meeressaum entlangzugehen. Im Gehen kann er besser denken. Er muss lachen: Herr Wohl ergeht sich am Meer.

Mit diesem Lachen setzt er neu an: Was brauche ich wirklich für mein Wohlergehen?

Man muss erst einmal anfangen, fertigwerden kann man später

Er ist bis zum Abend nicht fertig geworden mit seiner Liste, was er nicht braucht, und dem, was doch unbedingt sein muss. Aber wenn Herr Wohl etwas gelernt hat, dann: Man muss erst einmal anfangen zu gehen und in Bewegung kommen. Fertig werden kommt später. Und: Von seiner langen Liste bleibt am Ende wenig übrig, ohne das es überhaupt nicht gehen würde. Wohlergehen braucht nicht viel.

"Möge es dir wohlergehen!"

Herr Wohl wirft noch einen letzten Blick zurück aufs Meer und erinnert sich an den Satz, den ihm sein Therapeut in der Kur morgens mit auf den Weg gegeben hat. Eigentlich würde dieser Satz auf seiner Liste reichen: „Möge es dir wohlergehen!“

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