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Glauben alle an einen Gott?
Bild: Pixabay/Gerd Altmann

Glauben alle an einen Gott?

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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In meiner Familie treffen mehrere Religionen aufeinander. Da geht es mir wie vielen anderen, denn unsere Welt ist eng geworden, durchlässig und vielschichtig. Da begegnen sich Kulturen, die früher kaum etwas voneinander wussten. Und weil ein großer Teil der Menschen nicht lebenslang an seinem Geburtsort bleibt, mischen sich eben nicht nur die Sprachen, sondern ebenso Kulturen und Religionen. So kommt es, dass in unserer Familie mitunter Protestanten, Katholiken und Muslime zusammensitzen.

Haben alle monotheistischen Religionen den gleichen Gott?

Eine Frage taucht in den Gesprächen immer wieder auf: Haben wir eigentlich alle den gleichen Gott? Die monotheistischen Religionen, also Judentum, Christentum und Islam gehen alle davon aus, dass es nur einen Gott gibt, müsste er dann nicht stets der Gleiche sein?
Die Frage ist schwer zu beantworten, denn ob und welchen Gott es gibt, kann niemand mit Sicherheit sagen, wir können nur über unsere persönlichen Bilder von Gott sprechen und über die dazugehörenden Traditionen. Was hinter diesem Gottesbild steht, bleibt im Verborgenen, wird durch die individuellen Erfahrungen überdeckt, und die sind nun einmal sehr unterschiedlich.

Wie rede ich überzeugt von meinem Gott und bin gleichzeitig tolerant?

Aber wie kann ich dann noch überzeugt und engagiert von meinem Glauben reden, wenn ich nicht total davon überzeugt bin, dass mein Gott der Richtige ist? Wie kann ich trotz dieser Gewissheit Toleranz für die anderen aufbringen und akzeptieren, dass auch Ihr Gott der Einzige und Wahre ist?
In den Gesprächen bin ich auf einen Vergleich gekommen. Ich denke nämlich, dass es mit der Religion nicht anders ist als mit der Liebe.

Ein Vergleich, der helfen kann

Wenn ich einen Partner oder eine Partnerin auswähle, um gemeinsam durch das Leben zu gehen, treffe ich eine exklusive Entscheidung. Die Person, der ich gar das Ja-Wort gebe und mich trauen lasse, ist von mir und für mich auserwählt. Die Liebe gilt ganz dieser einen Person, zu der ich in Treue halten möchte, egal was kommen wird. Sie ist die tollste und beste, meine Liebe gilt exklusiv ihr. Deshalb sind die anderen Menschen nicht weniger wertvoll, aber für mich haben sie eben nicht diese herausgehobene einzigartige Bedeutung wie die eigene Partnerin oder der Partner.

Wichtig: Eine Wahl treffen und andere akzeptieren

Mit dem Glauben ist es genau so! Ich persönlich habe für mich den christlichen Glauben gewählt; mit ihm gehe ich durchs Leben, weil es nicht gut ist, dass der Mensch alleine ist. Wir brauchen Partner im Leben wie im Glauben. Mit dieser Entscheidung für die Kirche sind die anderen Religionen nicht automatisch degradiert. Die Gottesvorstellungen der anderen sind nicht falsch, nur weil ich mich persönlich anders entschieden habe. Die Beurteilung als falsch und richtig hat in Glaubens- und Liebesdingen eben nichts zu bedeuten. Wichtig ist vor allem, dass ich eine Wahl treffe und die der anderen als gleichwertig akzeptiere.

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