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Hat dein Versorgungsschiff schon angelegt?
Bild: pixabay

Hat dein Versorgungsschiff schon angelegt?

André Lemmer
Ein Beitrag von André Lemmer, Katholischer Pfarrer in der Pfarrei Sankt Elisabeth in Kassel

Der 26-jährige Postmann Nathan Evans aus Schottland hätte mit diesem Erfolg wohl nie gerechnet: Ende Dezember hat er auf der Videoplattform TikTok eine Version des Seemannsliedes "The Wellerman" hochgeladen. In kurzer Zeit hatte der Clip über vier Millionen Aufrufe. Viele nutzten dann die Funktion der Videoplattform, ihr eigens Video zum Original hinzuzufügen. Aus einer Stimme wurden erst zwei, dann drei und am Ende ist ein komplett neuer Clip entstanden. Ein ganzer Chor singt mit Violinen das Seemannslied "The Wellermann".

Im Lied geht es um die Seeleute. Um den Kampf gegen die Einsamkeit und die beengte Lebenswirklichkeit. Sie fragen sich: Wann hat diese Fahrt wohl ein Ende?
Und es geht um "The Wellerman" - ein Versorgungsschiff. Es hat die Walfänger mit Zucker, Tee und Rum versorgt und auf langen Touren den Seefahrern ein bisschen Abwechslung und natürlich Neuigkeiten/Nachrichten gebracht. Niemand wusste genau, wann "The Wellerman" - das Versorgungsschiff - eintraf. Aber das Lied hielt die Hoffnung der Seeleute wach, dass es bald soweit sein würde und irgendwann dann auch die Heimreise anstand, wenn genügend Wale gefangen waren.

Besonders in den Tagen des Lockdowns mag es einigen so gehen. Und wenn ich ehrlich bin, kenne ich das Gefühl auch aus manchen Zeiten vor dem Virus: Ich fühle mich an eine Sache gebunden, eingeengt und sehe kein Ende. Aber genau hier sind kleine Versorgungsschiffe, persönliche "Wellermen" wichtig, damit ich durchhalte.
Für mich ist in diesen Zeiten mein persönlicher "Wellerman" Gott! Er bedeutet für mich in solchen stressigen/angespannten Zeiten Freiheit. Gott gibt mir die Möglichkeit, meine Tanks wieder aufzuladen.

Und manchmal erlebe ich auch, dass ich zu einem Wellerman für andere werde. Einfach so und auch das tut gut. Und wenn ich anderen davon erzähle, fange ich ja quasi an, ein Lied zu singen. Einstimmig, ohne Instrumente aber in einem Takt, der vielleicht jemanden ermutigt, seine Stimme dazu zu geben oder seine Melodie. Und eventuell hört das ein anderer und bekommt dadurch seinen persönlichen Wellerman-Moment.

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