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Pizzaessen gegen Trauer
Tesa Robbins/Pixabay

Pizzaessen gegen Trauer

Daniel Lenski
Ein Beitrag von Daniel Lenski, Evangelischer Pfarrer, Königstein-Falkenstein
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Neulich in der KiTa: Die 50 Kinder unseres Kindergartens sitzen im Kreis und warten auf den Beginn der „Bibelstunde“. So heißt das Programm, wenn ich als Pfarrer einmal in der Woche vorbeikomme. Zwei Erzieherinnen und ich sprechen dann mit den Kindern über ein Thema, das die Kinder bewegt.

Der Teddy sieht traurig aus

Heute liegt ein Teddy in der Mitte des Kreises. Er hat einen verbundenen Arm. Die Kinder entdecken ihn sofort. Sie überlegen, was mit dem Teddy passiert ist: Hat er sich seinen Arm gebrochen? Hat er sich verbrannt? Auf jeden Fall scheint es ihm nicht gut zu gehen. Er sieht traurig aus.

Wenn man traurig ist...

„Wie ist das, wenn man traurig ist?“, fragen wir die Kinder. Es wird still in der sonst lebhaften Gruppe. Die Kinder teilen ihre Erfahrungen: „Dann weint man und will lieber alleine sein“, sagt ein Kind. „Dann ist einfach alles doof“, meint ein weiteres Kind. Und ein drittes ergänzt: „Dann hat man auf einmal nicht mehr so viel Hunger.“

Das Thema "Trauer" in der Kita

Das Thema „Trauer“ haben wir gewählt, weil in den Wochen zuvor mehrere Menschen aus dem Umfeld des Kindergartens gestorben sind: Der Großvater eines Jungen. Die Mutter einer Erzieherin. Und die Eltern eines Kindes haben ihr ungeborenes zweites Kind verloren. In diesen Wochen waren die Kinder mit dem Thema Tod konfrontiert. Viele waren traurig. Man merkte: Das hat alle belastet.

Was kann man tun, wenn jemand traurig ist?

Deshalb haben wir, als wir den Teddy betrachteten, weiter gefragt. Was kann man tun, wenn jemand traurig ist? Ein Kind meldete sich: Man kann den traurigen Menschen umarmen und ihm zeigen, dass man ihn lieb hat. Auch wenn das jetzt in der Corona-Zeit nicht so richtig geht. Ein Mädchen schlug vor, immer ein Taschentuch dabeizuhaben. Das könnte man bei Bedarf einer weinenden Person anbieten.

Pizzaessen gegen Trauer

Plötzlich meldete sich der fünfjährige Vincent: „Man kann gemeinsam Pizzaessen!“ Einige Kinder begannen, zu lachen. „Warum Pizzaessen?“, fragte ich zurück. Vincent antwortete: „Pizza ist richtig lecker. Wenn ich traurig bin und esse Pizza, dann geht es mir nachher besser“, so die entwaffnende Antwort des Jungen.

Kinder können sich gut einfühlen

Ich habe lange über die Antworten der Kinder nachgedacht. Ich glaube, schon in frühen Lebensjahren haben sie ein gutes Gespür dafür entwickelt, was andere Menschen in der Trauer bewegt und was ihnen guttut. Dazu können Nähe und körperliche Zuwendung gehören – soweit dies in Corona-Zeiten eben möglich ist. Aber auch, einer traurigen Person durch eine Einladung zum Essen gemeinsame Zeit zu schenken. Zeit zum Reden, zum Zuhören und auch, um gemeinsam zu schweigen. Und in gewisser Weise führt das gemeinsame Essen in diesen Corona-Wochen wieder zu einer heilsamen Normalität.

Dazu kommt, dass auch ich Pizza tatsächlich wirklich gerne esse. Vielleicht nehme ich mir Vincents Vorschlag zu Herzen und lade die nächste traurige Person, die ich treffe, einmal zum Pizzaessen ein.

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